Dieses Whitepaper fasst die Kernelemente des Investmentansatzes der Gerd-Kommer-Unternehmensgruppe zusammen. Wir nennen diesen Ansatz das Weltportfolio-Konzept.
Die Bücher, Blog-Beiträge und YouTube-Videos von Dr. Gerd Kommer beschreiben die Kernelemente des Weltportfolio-Konzepts noch umfassender als dieses Whitepaper und leiten sie anhand historischer Daten aus der finanzwissenschaftlichen Forschung her. Ein weiterführendes Literaturverzeichnis findet sich am Ende des Whitepapers.
Die Marke Gerd Kommer bezieht sich nicht ausschließlich auf die Person Dr. Gerd Kommer, sondern umfasst das ganze Team rund um Dr. Gerd Kommer. Die Fälle, in denen wir uns auf Dr. Gerd Kommer als Person beziehen, lassen sich – um Missverständnisse zu vermeiden – am vorangestellten Doktortitel erkennen.
Die Gerd-Kommer-Gruppe umfasst aktuell folgende Unternehmungen (inklusive Websites):
Sie haben Anregungen oder Feedback für uns? Dann senden Sie uns gerne eine E-Mail an mail@gerd-kommer.de. Wir freuen uns über Ihre Nachrichten!
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen unseres Whitepapers.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Gerd-Kommer-Team
Die Marktwirtschaft in ihrer heutigen Form entstand in Europa und Nordamerika Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Beginn der Industriellen Revolution und dem Ende des religiös motivierten Feudalismus. Gesellschaftspolitisch waren dabei die Amerikanische Revolution 1776 und die Französische Revolution 1789 bedeutsame Meilensteine.
Dank der im Rückblick beinahe unglaublichen Dynamik und Produktivität der Marktwirtschaft hat sich das ökonomische Los der Menschheit in den letzten rund 250 Jahren dramatisch verbessert, wie die nachfolgend genannten globalen Indikatoren für Wohlstand und Lebensqualität zeigen sollen. (In den rund 1.800 Jahren von Christi Geburt bis zur Entstehung der modernen Marktwirtschaft Mitte/Ende des 18. Jahrhunderts wuchs die globale Wirtschaftsleistung pro Kopf fast überhaupt nicht.) Hier sind die Zahlen: [1]
Aus unserer Sicht existiert kein soziales Organisationssystem, das mehr Wohlstand und Lebensqualität schafft als die Marktwirtschaft.
Wir sind davon überzeugt, dass die Weltwirtschaft, die aus Unternehmen in rund 195 Staaten besteht, in der langfristigen Zukunft ähnlich weiterwachsen wird, wie das in den vergangenen rund 200 Jahren der Fall war.
Wir alle partizipieren als Arbeitnehmer, Ruheständler, Verbraucher und generell als Bürger an dieser Wertschöpfung.
Anleger, die der Weltwirtschaft, also Unternehmen und Staaten, Risikokapital bereitstellen – zum Beispiel durch den Kauf von Aktien oder Anleihen – profitieren zusätzlich als Kapitalgeber und Investoren vom erstaunlich stabilen globalen Wirtschaftswachstum. In den rund 75 Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg bis 2023 gab es nur zwei Jahre (2009 und 2020), in denen das reale globale Wirtschaftswachstum nicht positiv war. Die Volkswirtschaft eines einzelnen Landes hingegen wird in mehr als jedem zehnten Jahr eine negative Wachstumsrate erleben.
Im Einklang mit der herrschenden Meinung in der wissenschaftlichen Finanzmarktforschung glauben wir, dass die organisierten Kapitalmärkte Wertpapiere korrekt bepreisen. Korrekt heißt in diesem Zusammenhang, dass der aktuelle Preis eines Wertpapiers die beste Schätzung seines fundamentalen Werts darstellt und somit Investoren allein durch Nutzung öffentlich verfügbarer Informationen keine systematische (zuverlässige) Überrendite erzielen können.[2]
Der technische Ausdruck hierfür lautet „Informationseffizienz“ der Finanzmärkte. „Systematisch“ bedeutet dauerhaft und fortwährend, also nicht nur durch Zufall (also Glück, dem spiegelbildlich Pech gegenübersteht). „Überrendite“ heißt Mehrrendite gegenüber einer angemessenen Vergleichsmarke (Benchmark) unter Berücksichtigung des eingegangenen Risikos, der Nebenkosten des Investierens und von Steuern.
Der amerikanische Ökonom Eugene Fama erhielt 2013 den Wirtschaftsnobelpreis, unter anderem für seine bahnbrechenden Forschungen zur sogenannten Efficient-Market Hypothesis.
Aktives Investieren ist das, was „alle“ machen, also der Versuch, durch gezieltes Timing („Rein-Raus“) oder bewusste Auswahl von und Konzentration auf bestimmte Wertpapiere eine besonders attraktive Rendite-Risiko-Kombination zu erzielen. Weit über 90% aller Vermögensanlagen von Privatanlegern stellen eine Form aktiven Investierens dar.
Jede Form von aktivem Investieren, egal in welcher konkreten aktiven Strategie, ist entweder (a) „Asset Picking“ (bei Aktien „Stock Picking“ genannt), die gezielte Auswahl einzelner vermeintlich attraktiver Anlagen; (b) Market Timing, das Rein-Raus im Zeitablauf in Bezug auf ganze Asset-Klassen,[3] um vermeintlich günstige Marktphasen auszunutzen und ungünstige zu umschiffen; oder (c) eine Mischung aus Asset Picking und Market Timing.
Die wissenschaftliche Finanzökonomie hat in den vergangenen rund 60 Jahren in vielen hunderten seriösen Studien gezeigt, dass:
Warum ist das so? Die Hauptursache ist die erwähnte Informationseffizienz in den Finanzmärkten. Sie unterscheiden sich hierin von allen anderen Märkten wie z. B. dem Markt für Gebrauchtwagen, dem für Flugreisen und dem für Immobilien. Das macht Finanzmärkte insofern einzigartig unter allen Märkten, als dass man Gesetzmäßigkeiten und Tendenzen, die auf anderen Märkten gelten, häufig nicht auf sie übertragen kann.
Erfreulicherweise muss man sich mit der unattraktiven Rendite-Risiko-Kombination des aktiven Investierens nicht abfinden, da eine überlegene Alternative existiert.
Passives Investieren ist die bessere Alternative zu aktivem Investieren. Es ist frei von den oben beschriebenen Nachteilen konventionellen, aktiven Investierens. Deswegen produziert es im Durchschnitt bessere Ergebnisse. Auf lange Sicht besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein passiver Anleger bei Rendite und Endvermögen in den Top 10% seiner korrekt gewählten Vergleichsgruppe (Peer Group) landet. Zumeist führt passives Investieren nicht nur zu einer besseren Rendite, sondern auch zu weniger Risiko, zu mehr Transparenz und zu insgesamt mehr Seelenfrieden beim Anleger.
Passives Investieren ist prognosefreies, nicht-spekulatives Investieren in ganze Asset-Klassen wie z. B. den Weltaktienmarkt auf Buy-and-hold-Basis (kaufen und halten), einschließlich regelbasiertem „Rebalancing“. Es wird dabei kein kostenträchtiger und mehrheitlich renditeschädlicher Versuch unternommen, „den Markt zu schlagen“.
Die Kosten passiven Investierens sind nur ein Bruchteil derjenigen aktiven Investierens.
Die Bezeichnung „passiv“ ist insofern missverständlich als sie suggeriert, dass ein passiver Anleger „nichts tut“. Diese Interpretation wäre falsch. Passive Anleger oder ihre Berater treffen anfänglich und fortlaufend ebenfalls viele aktive Entscheidungen, wenn auch nur solche, die aus der Sicht der Wissenschaft einen relevanten Mehrwert erwarten lassen. Ein großer Teil des hektischen Aktionismus bei konventionellem Anlegen hat aus wissenschaftlicher Perspektive eine negative Nutzenerwartung und verursacht per Saldo einen Schaden (echte Verluste und/oder schlechtere Renditen als mit einem passiven Ansatz möglich wären). Da sich jedoch die eher falsche Bezeichnung „passives Investieren“ schon vor vielen Jahren etabliert hat, benutzen auch wir sie, um uns von unwissenschaftlichem „aktiven“ Investieren abzugrenzen.
Passives Anlegen ist immer noch eine Minderheitenveranstaltung, deren Marktanteil seit einigen Jahren allerdings schneller wächst als der aller anderen Formen des Investierens. Die drei größten Fondsgesellschaften der Welt (BlackRock, Vanguard und State Street) offerieren vorwiegend „passive“ Produkte (traditionelle Indexfonds und ETFs, also börsengehandelte Indexfonds). Der größte Investmentfonds der Welt ist ein Indexfonds – der Vanguard Total Stock Market Index Fund. Auch der größte Staatsfonds der Welt, der bekannte norwegische Government Pension Fund Global, vertraut für den größeren Teil seiner Kapitalmarktanlagen auf die Grundsätze passiven Investierens.
[1] Die genannten Daten stammen von der Website https://ourworldindata.org/ des deutschen Wirtschaftswissenschaftlers Max Roser an der Oxford University. Die dramatische Besserung der Verhältnisse der Menschheit in den vergangenen 200 Jahren wird auch umfassend belegt in den folgenden Büchern: Steven Pinker: Aufklärung jetzt: Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt. Eine Verteidigung (2018); Hans Rosling: Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist (2018); Martin Schröder: Warum es uns noch nie so gut ging und wir trotzdem ständig von Krisen reden (2019); Andrew McAfee: Mehr aus weniger: Die überraschende Geschichte, wie wir mit weniger Ressourcen zu mehr Wachstum und Wohlstand gekommen sind – und wie wir jetzt unseren Planeten retten (2020); Johan Norberg: Fortschritt: Ein Motivationsbuch für Weltverbesserer (2020).
[2] Die Nutzung nicht öffentlich verfügbarer Informationen für Investitionszwecke (Insider-Informationen) bei Wertpapieranlagen ist in Deutschland und in den meisten anderen Industrieländern strafbar.
[3] Asset-Klassen (Asset = Vermögenswert) sind sachlogisch sinnvoll definierte Kategorien von Anlagen (Assets) wie z. B. Aktien, Anleihen, Geldmarktanlagen (bargeldartige Anlagen), Immobilien, Rohstoffe und Sammlerobjekte. Diese Haupt-Asset-Klassen lassen sich vielfältig in Sub-Asset-Klassen untergliedern. Einzelne Assets innerhalb einer Asset-Klasse haben statistisch sehr ähnliche Eigenschaften in Bezug auf Rendite, Risiko und Liquidität.
Renditen sind in erster Linie die Kompensation für das Tragen von „erwartetem“ Risiko (Risiko in der Vorausschau der Marktgemeinschaft). Wer kein Risiko trägt, kann keine Rendite erwarten. Wer nur geringes Risiko tragen will, kann nur eine geringe Rendite erwarten. Rendite ist somit in erster Linie „Schmerzensgeld“. Das gilt über alle Marktphasen hinweg: gute, neutrale und schlechte.
Wir glauben nicht, dass es systematisch möglich ist, Segmente des Finanzmarktes zu identifizieren, die in dieser Hinsicht einen „Free Lunch“ (ein „Gratismittagessen“) bieten. Das ist das „No-Free-Lunch-Prinzip“, dem wir hohe Bedeutung zumessen.[4] Die einzige Ausnahme hiervon ist intelligente, im Einklang mit der Wissenschaft stehende Diversifikation, auf die wir in Abschnitt 2.6 eingehen.
In schlechten Marktphasen (also unmittelbar nachdem die Marktrenditen gefallen sind) sind die erwarteten Renditen für die Zukunft höher als in normalen oder guten Marktphasen.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Kapitalmarktforschung in den vergangenen fünf Jahrzehnten ist die Aufteilung von Risiken in „gute“ und „schlechte“ Risiken. Gute Risiken sind solche, für die der Kapitalmarkt ex ante eine Kompensation (Belohnung) zahlt. Schlechte Risiken sind solche, deren Tragen der Kapitalmarkt ex ante nicht belohnt. Wir holen bewusst gute, also „bezahlte“ Risiken, in die Portfolios (Depots) unserer Mandanten und stellen sicher, dass schlechte, nicht bezahlte Risiken draußen bleiben. Im nächsten Abschnitt 2.2 werden die wichtigsten Risikotypen genannt, die in die Kategorie der schlechten Risiken fallen.
Wir messen der Auseinandersetzung mit der Komplexität des Risikobegriffs und dem unvermeidlich einzugehenden Risiko eine zentrale Bedeutung für das rationale Investieren bei. Nachfolgend einige Risikoaspekte, die in unseren Investmentansatz eingehen:
Der Weltportfolio-Ansatz zielt darauf ab, mit einem disziplinierten, langfristig angelegten Investment Marktrisikoprämien zu „ernten“. Das geht naturgemäß nur, wenn und solange man auch tatsächlich „Exposure“ (Ausgesetztsein) zu diesen Marktrisikoprämien wie z. B. der „Aktienmarktprämie“ (Equity-Prämie) hat, also „im Markt“ investiert ist.
Der Weltportfolio-Ansatz will gerade keine Mehrrendite[6] relativ zum „Markt“ (also der betreffenden Asset-Klasse) erzielen, weil wir diesen Versuch statistisch und auf lange Sicht als renditeschädlich einschätzen.
Konventionelles aktives Investieren von Privatanlegern, ob in Eigenregie oder mit Unterstützung eines Beraters oder Fondsmanagers, basiert auf zwei Annahmen: (a) Es gibt jemanden, der in der Lage ist, systematisch (dauerhaft und wiederholt) profitable Finanzprognosen zu erstellen und (b) es gelingt einem Anleger, diese Person oder Institution zu identifizieren (oder ein Privatanleger glaubt, er selbst sei dazu in der Lage).
Wir halten beide Annahmen für wenig überzeugend und ihre Befolgung langfristig für renditeschädlich. Weil das so ist, praktizieren wir einen vollständig prognosefreien Investmentansatz.
Prognosen sind Wetten. Die folgenden Wetten (Risiken) würden wir niemals eingehen:
Diese Wetten repräsentieren „schlechte Risiken“, die mangels erwarteter Kompensation (Rendite) nicht akzeptiert werden sollten (siehe voriger Abschnitt). Wir „wetten“ lediglich auf die gesamte Weltwirtschaft und darauf, dass die Marktwirtschaft auch in der langfristigen Zukunft – so wie seit Beginn der Industriellen Revolution vor über 200 Jahren – auf globalem Niveau weiterhin Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Fortschritt produzieren wird.
Renditen einzelner Wertpapiere, einzelner aktiv gemanagter Fonds oder einzelner aktiver Anlagestrategien aus den vergangenen sechs Monaten bis 20 Jahren haben aus zahlreichen Gründen, die in der Wissenschaft gut dokumentiert sind, keine verlässliche Bedeutung für die Zukunft. Das ist einer der vielen Gründe, warum Investments in Einzelwertpapiere und generell aktive Strategien aus rein rationaler Sicht abzulehnen sind.
Auf der Ebene ganzer Asset-Klassen (von uns empfohlene oder verwendete ETFs bilden stets eine wohldefinierte Asset-Klasse ab) sind historische Renditen in der jüngeren Vergangenheit (z. B. in den letzten fünf Jahren) für die Formulierung einer Anlagestrategie und für in die Zukunft gerichtete Anlageentscheidungen ebenfalls fast immer unmaßgeblich, denn diese Kurzfristrenditen haben generell keine oder nur geringe Aussagekraft. Selbstverständlich sind diese jüngsten Renditen „interessant“ und werden von uns und den Anlegern laufend beobachtet, doch sagen sie über die nächsten sechs Monate oder drei Jahre aus der Sicht der Wissenschaft wenig bis nichts aus. Mehr noch: Wer aus den Renditen über kurze Zeiträume wesentliche Entscheidungen ableitet, der kann sich damit wirtschaftlich beträchtlichen Schaden zufügen.
Weil das so ist, führt der Versuch, allein aus der Rendite eines Asset-Klassen-Portfolios über Zeiträume von weniger als fünf oder zehn Jahren verlässliche Schlussfolgerungen für die Richtigkeit oder Falschheit der Anlagestrategie abzuleiten, regelmäßig in die Irre.
Im Unterschied zu Renditen aus der jüngeren Vergangenheit (z. B. die letzten fünf Jahre) hat das Bewertungsniveau bei Asset-Klassen (z. B. das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder KGV breiter Aktienmärkte) tatsächlich eine Bedeutung für Renditen in der Zukunft. Niedrige („günstige“) Bewertungen signalisieren hohe erwartete Renditen und hohe („teure“) Bewertungen niedrige erwartete Renditen. Daraus kann man jedoch nicht ableiten, dass bewertungsgetriebenes Market Timing funktioniere. Diese falsche Schlussfolgerung lässt die Opportunitätskosten des „Wartens“ (die entgangene Rendite des Nicht-voll-investiert-Seins) und weitere Market-Timing-Nachteile (Transaktionskosten, Steuern und mögliche Timing-Fehler) außen vor.
Aus historischen Daten über die letzten 120 Jahre und aus der ökonomischen Sachlogik heraus wissen wir, dass Aktien die ertragreichste aller Asset-Klassen sind. Sie sind langfristig ertragreicher als Immobilien, als Unternehmensanleihen, als Staatsanleihen, als Gold, als Rohstoffe und als Sammlerobjekte wie z. B. Oldtimer oder Kunst.
In unserem Blog-Beitrag „Das Konzept der Cash-Flow-Kaskade“ gehen wir auf die sachlogischen Gründe dafür ein, warum Aktien die rentabelste Asset-Klasse sein müssen.
Die Nebenkosten des Investierens wirken sich langfristig beträchtlich auf den Vermögensendwert eines Anlegers aus. Unser Ziel ist es, diese Kosten, wo möglich, zu minimieren. Die zwangsläufig höheren Kosten aktiven Investierens sind einer der Gründe, warum wir diese Form des Investierens ablehnen.
Diversifikation ist der einzige „Free Lunch“ (Gratismittagessen) beim Investieren und wird daher im Weltportfolio-Konzept intensiv und systematisch genutzt. Diversifikation ist das Gegenteil von Konzentration. Konzentration kommt in den von uns abgelehnten Wetten bei aktivem Investieren zum Ausdruck, die oben in Abschnitt 2.2 aufgezählt wurden.
Diversifikation senkt das Risiko eines Portfolios, ohne dabei dessen Ertragserwartung zu reduzieren (daher die Bezeichnung Free Lunch). Portfolio-Diversifikation erfolgt sowohl innerhalb von Asset-Klassen als auch über verschiedene Asset-Klassen hinweg.
Im risikobehafteten Teil des Weltportfolios wird die regionale Aufteilung (geographische Gewichtung) in etwa wie folgt vorgenommen:
Region | Gewicht[7] |
Nordamerika | 30% |
Westeuropa | 30% |
Asien-Pazifik | 10% |
Schwellenländer | 30% |
Summe | 100% |
Diese Allokation ist ein pragmatischer Kompromiss zwischen einer Gewichtung auf Basis von Marktkapitalisierung (Börsenwerten) und Wirtschaftsleistung (gemessen am Bruttoinlandsprodukt der einzelnen Regionen). Würde man eine traditionellere Gewichtung allein auf der Basis der Marktkapitalisierung zugrunde legen, betrüge das Gewicht Nordamerikas aktuell, Anfang 2025, über 60% und das Gewicht der Schwellenländer (einschließlich Brasilien, China und Indien) rund 10%. Bei diesen beiden Regionen und für Europa weicht die Portfolio-Gewichtung also recht deutlich von der Gewichtung nach Marktkapitalisierung ab. Bei den Gewichten für Asien-Pazifik (Japan, Australien, Neuseeland, Hongkong, Singapur) bestehen kleinere Abweichungen. Genaueres hierzu finden Sie in unserem Blog-Beitrag „Aktienportfolio gewichten – Marktkapitalisierung oder BIP?“.
Der Hauptgrund für die im Weltportfolio-Konzept gewählte „fundamentale“ (real-wirtschaftliche) Gewichtungsmethode liegt darin, dass erstens das Klumpenrisiko USA reduziert werden soll und zweitens in Frage gestellt wird, ob der „historische Zufall“ des höheren Anteils börsennotierter Unternehmen in den USA relativ zu anderen Regionen die Gewichtung der Region in einem Weltportfolio in einem solchen Ausmaß beeinflussen sollte. Wir glauben nicht.
Auf sehr lange Sicht hat eine BIP-Gewichtung in der Vergangenheit gegenüber einer Marktkapitalisierungsgewichtung eine leichte Outperformance produziert.
Investieren mit dem Ziel des Aufbaus, der Bewahrung oder der langfristigen Nutzung von Vermögen, entweder zu Altersvorsorgezwecken oder zur Weitergabe an Erben, ist ein Marathon. Bei einem solchen Langstreckenlauf ist es aus Ex-ante-Sicht gar nicht oder nur wenig relevant, was genau auf den ersten 1.000 Metern oder Kilometer 17 bis 19 geschieht. Genauso führt der Versuch, aus der Rendite eines Portfolios über Zeiträume von weniger als fünf oder zehn Jahren belastbare Schlussfolgerungen über die Richtigkeit der Anlagestrategie abzuleiten, regelmäßig in die Irre.
Weltportfolio-Anleger sollten sich bewusst darüber sein, dass das Ziel des Weltportfolios nicht darin besteht, kurzfristig – z. B. über sechs Monate oder drei Jahre – möglichst hohe Renditen zu erzielen oder auch nur jedes Kalenderjahr eine positive Rendite zu erzielen. Wir glauben, dass solche Kurzfristziele kontraproduktiv sind und streben deshalb an, auf lange Sicht (>10 Jahre) eine attraktive Rendite-Risiko-Kombination zu erreichen.
Unsere Anlagestrategie ist die eines radikalen Buy-and-hold-Ansatzes mit regelbasiertem Rebalancing (siehe dazu Abschnitt 2.11). Weder nehmen wir besonders gute Renditen in der jüngeren Vergangenheit in einer Asset-Klasse zum Anlass, diese Asset-Klasse „nachzukaufen“ oder in sie umzuschichten, noch nehmen wir umgekehrt schlechte Renditen oder Verluste zum Anlass für Verkaufsentscheidungen.
Warum Buy-and-Hold? Die Antwort ist einfach: Buy-and-Hold („BAH“) führt statistisch zu höheren Endvermögenswerten als die Alternative – kurz- oder mittelfristiges Handeln von Einzelwerten bzw. Asset-Klassen (Stock- bzw. Asset Picking) oder Wertpapieren mit dem Ziel, den „perfekten“ Einstiegs- oder Ausstiegszeitpunkt zu treffen.
Die Gründe für die statistische Überlegenheit von BAH sind: Aktives Investieren funktioniert generell schlecht (siehe Abschnitt 1.3 weiter oben); BAH hat die niedrigstmöglichen Kosten; und BAH führt auf lange Sicht zu steuerlichen Vorteilen aus dem steuerlichen Barwerteffekt durch die in die Zukunft verschobene („nachgelagerte“) Besteuerung von Kursgewinnen, was wir in unserem Blog-Beitrag „Steuern sparen durch Buy-and-Hold“ genauer erläutern.
Wer den „Markt“ mit seinen Investments replizieren will, wie wir das tun, muss ein BAH-Anleger sein, denn der Markt selbst ist per Definition ein BAH-Konzept.
BAH heißt nicht, dass im Portfolio im Zeitablauf keine Veränderungen stattfinden können. Es heißt lediglich, dass diese Veränderungen nicht ausgelöst werden von der subjektiven Einschätzung der jüngeren Vergangenheit oder spekulativen Wetten auf Ereignisse in der kurz- und mittelfristigen Zukunft. Zudem finden Anpassungen im Depot durch regelbasiertes Rebalancing statt (siehe Abschnitt 2.11 weiter unten).
Privatanlegern wird oft vermittelt, erfolgreiches Investieren sei primär eine Frage davon, spezifische aktive Entscheidungen richtig zu treffen oder – allgemeiner formuliert – „bestimmte Dinge richtig zu tun“. Dies ist nur halb richtig. Erfolgreiches Investieren ist sowohl das Ergebnis von (a) vorteilhaften aktiven Handlungen als auch (b) dem Unterlassen schädlicher Handlungen, sprich dem Vermeiden von Fehlern. Wir sind sogar der Meinung, dass (b) auf lange Sicht tendenziell einen größeren Einfluss auf das Endvermögen eines Anlegerhaushaltes hat als (a). Vermeiden von Fehlern bedeutet schlechte Finanzprodukte[8] nicht zu kaufen, keine schlechten Strategien zu praktizieren und so selten wie möglich ungünstige Timing-Entscheidungen (wie Rein-Raus oder Hin-Her) zu treffen. Den hohen wirtschaftlichen Beitrag des „Unterlassens“ zu einem langfristig erfolgreichen Vermögensmanagement nennen wir „Via-Negativa“ für „der negative Weg“. Wir widmen diesem Aspekt in Bezug auf die Investments unserer Mandanten viel Aufmerksamkeit. Die Details des Via-Negativa-Konzeptes beschreiben wir hier.
„Interessenkonflikte sind die Pest der Finanzbranche“ hieß es im Jahr 2017 in einem Medienartikel. Diese Einschätzung trifft den Nagel auf den Kopf. Letzten Endes hat kein anderer Faktor in den vergangenen 30 Jahren mehr Schaden in Anlegerportfolios angerichtet als die Anwesenheit von Interessenkonflikten bei den verschiedenen „traditionellen“ Parteien, die den Anlageerfolg von Privatanlegern beeinflussen: Banken, Finanzberater, Vermögensverwalter, Produkthersteller (z. B. Banken, Lebensversicherungsgesellschaften, Fondsgesellschaften, Zertifikate-Emittenten, Immobilienmakler) und die Medien.
Wir bei Gerd Kommer schließen Interessenkonflikte in unserer Arbeit rigoros aus und haben uns einem regulatorischen Regime unterworfen, das es uns verbietet, Provisionen von Produktherstellern – in welcher Form auch immer – zu akzeptieren. Auch die Form unserer Verwaltungsvergütung und die Vergütungsstruktur unserer Mitarbeiter wurde so gewählt, dass daraus keine Interessenkonflikte entstehen.
Unter Rebalancing versteht man im Kontext von passivem Investieren die regelbasierte, periodische Wiederherstellung der ursprünglichen, bewusst gewählten Portfoliostruktur, nachdem sich diese durch unterschiedliche Renditeentwicklung der einzelnen Portfoliokomponenten verschoben hat – eine Situation, die über längere Zeiträume hinweg zwangsläufig eintritt und normal ist.
Da risikoreiche Asset-Klassen (z. B. Aktien) langfristig höhere Renditen aufweisen als risikoarme Asset-Klassen (z. B. Anleihen), werden bei einem Verzicht auf Rebalancing die risikoreichen Portfolioteile im Zeitablauf ein steigendes Gewicht im Portfolio einnehmen. Dadurch wird das Gesamtportfolio risikoreicher. Aus rationaler Sicht ist das nicht gewünscht, denn es steht ja im Widerspruch zur ursprünglichen Asset-Allokations-Entscheidung des Anlegers. Der Anleger wählt eine bestimmte Asset-Allokation, weil er (bis zu einer möglichen Revidierung oder Anpassung dieser Entscheidung) eine bestimmte Rendite-Risiko-Kombination möchte. Diese Rendite-Risiko-Kombination hat sich nun jedoch aufgrund von Marktentwicklungen verändert. Rebalancing korrigiert diese Verschiebung.
Rebalancing dient in erste Linie dem Risikomanagement, also der Bewahrung des ursprünglich gewählten Risikolevels. Erfreulicherweise kann Rebalancing innerhalb von Asset-Klassen mit ähnlichem Renditepotenzial jedoch auch einen leicht renditesteigernden Effekt haben; man spricht dabei vom Rebalancing-Bonus.
Rebalancing entspricht dem Prinzip des antizyklischen Investierens: Buy low, sell high. Weil es strikt regelbasiert und nicht spekulativ ist, widerspricht es nicht dem Buy-and-hold-Prinzip (siehe Abschnitt 2.8 weiter oben).
Im Weltportfolio sollte regelmäßig Rebalancing vorgenommen werden, und zwar immer genau dann, wenn die aktuelle Allokation hinreichend weit von der Zielallokation entfernt ist.
Darüber hinaus sollten alle Transaktionen (Einzahlungen in das Depot und Entnahmen aus ihm heraus) stets unter Rebalancing-Gesichtspunkten vorgenommen werden. Bei einer Nachinvestition sollte daher die Gewichtung der einzelnen Produkte (ETFs) in ein bestehendes Depot nicht dem Verhältnis der Ziel-Asset-Allokation entsprechen, sondern so angepasst werden, dass das Depot nach der Transaktion insgesamt wieder näher hin zu seiner Ziel-Asset-Allokation gelangt.
Um das anhand eines einfachen Beispiels zu illustrieren: Angenommen, in einem Depot mit einem Wert von 10.000€ befinden sich zwei ETFs (Asset-Klassen) im Verhältnis 67%/33%, die festgelegte Asset-Allokation beträgt aber 50%/50%. Wenn jetzt z. B. 5.000€ nachinvestiert werden, fließen eben nicht jeweils 2.500€ in beide ETFs, sondern 800€ in den ersten ETF und 4.200€ in den zweiten ETF. Im Ergebnis ist damit die 50/50-Ziel-Asset-Allokation wiederhergestellt.
Man nennt diese Art von Rebalancing auch „Cashflow-basiertes Rebalancing“.
[4] Mit Free Lunch ist ein Vorteil gemeint, der nicht gleichzeitig mit einem Nachteil einhergeht, ein Vorteil also, der kein Kompromiss aus Upside und Downside ist.
[5] Asset-Allokation ist die Aufteilung eines Investmentportfolios in Asset-Klassen.
[6] Im Branchenjargon wird Mehrrendite auch „Outperformance“ oder „Alpha“ genannt.
[7] Gerundete Werte; die tatsächliche geographische Gewichtung kann davon abweichen.
[8] Drei Beispiele dafür sind kapitalbildende Lebensversicherungen, Geschlossene Fonds (Immobilien, Container, Schiffe, Flugzeuge, erneuerbare Energien, Filme usw.) und Zertifikate.
Im Rahmen des Weltportfolio-Konzepts (prognosefreies Investieren mit maximaler Diversifikation auf Buy-and-hold-Basis) gibt es grundsätzlich zwei Investmentphilosophien. Beide folgen den Grundprinzipien, die in Abschnitt 1 und 2 dargestellt wurden:
[9] In der Fachliteratur wird die Bezeichnung „marktneutral“ anders verwendet als in diesem Whitepaper.
„Faktorprämie“ ist der Fachterminus für ein statistisch identifizierbares Merkmal einer Asset-Klasse, das die Rendite und das Risiko von Wertpapieren in dieser Asset-Klasse systematisch bestimmt. Faktorprämien sind die aus wissenschaftlicher Sicht zentralen Treiber von Risiko und Rendite von Wertpapieren in einer Asset-Klasse. Andere Treiber haben (nach den Kosten ihrer Ausnutzung und unter Berücksichtigung von Risiko) entweder keinen vorteilhaften oder keinen systematischen Einfluss auf Risiko sowie Rendite und sind daher nicht gezielt und verlässlich nutzbar.
Im Weltportfolio-Konzept nutzen wir im Aktienbereich die aus unserer Sicht von der Wissenschaft am überzeugendsten belegten Faktorprämien, also diejenigen Prämien, für die der wissenschaftliche Konsens am stärksten ist.
Diese Nutzung geschieht durch Übergewichtung der entsprechenden Marktsegmente in einem Portfolio. „Übergewichten“ heißt, diesem Asset-Klassen-Segment ein höheres Gewicht im Portfolio zu geben als es im Markt gemessen an der Marktkapitalisierung aufweist. Bei Aktien lauten diese Faktorprämien:[10]
Diese Faktorprämien wurden von der Wissenschaft in den vergangenen fünf Jahrzehnten identifiziert und dokumentiert. Faktorprämien sind keine Ausnahme vom „No-Free-Lunch-Prinzip“ (siehe Abschnitt 2.1). Sie sind eine Kompensation (a) für zusätzliches Risiko (z. B. erhöhte Volatilität oder andere Arten erhöhten Risikos), (b) für systematische Anlegerirrationalitäten und (c) für bestimmte „Marktfriktionen“ („Arbitragebarrieren“).[11] Faktorprämien sind ihrerseits volatil, d. h. sie zeigen sich nicht permanent (nicht jeden Monat oder jedes Jahr), sondern können sich auch über lange Zeiträume von einem Bonus in einen Malus verwandeln. Wären Faktorprämien kontinuierlich (also garantiert), wären sie längst „wegarbitriert“, d. h. über starke Nachfrage so „teuer“ gemacht worden, dass sie danach keine Renditevorteile mehr bringen.
Faktorprämien existieren auch in der Asset-Klasse zinstragende Anlagen, einschließlich Anleihen. Aus Platzgründen gehen wir auf sie in diesem Dokument jedoch nicht ein.
Factor Investing führt zwangsläufig dazu, dass sich das betreffende Portfolio im Zeitablauf nicht parallel zu einem marktneutralen Portfolio ohne Faktorprämien entwickelt. Mit anderen Worten: Es kann zwischen diesen beiden Varianten von passivem Investieren von Jahr zu Jahr zu deutlichen Abweichungen bei Rendite und Risiko kommen.
Man kann trefflich darüber streiten, ob Factor Investing noch „passives“ Investieren ist – einerseits ja, einerseits nein. Davon abgesehen, halten wir die Bezeichnung „passives Investieren“ insofern für falsch und unglücklich, weil wirklich „passives“ Investieren sowieso unmöglich ist (siehe auch Abschnitt 1.4). Factor Investing ist auf alle Fälle „aktiver“ als klassisches marktneutrales passives Investieren.
Weitere Informationen zu Factor Investing finden Sie in Dr. Gerd Kommer, Souverän Investieren mit Indexfonds und ETFs, 7. Aufl., 2025, Abschnitt 6 und in den Blog-Beiträgen, die wir in Fußnote 10 und im Literaturverzeichnis verlinkt haben.
[10] Sofern Sie sich genauer über Factor Investing informieren wollen, könnten Sie unsere drei aufeinander aufbauenden Blog-Beiträge dazu lesen: Factor Investing – die Basics, Integriertes Multifactor Investing und The Pains of Factor Investing.
[11] Die Punkte (b) und (c) an dieser Stelle näher zu erläutern, würde den Rahmen dieses Whitepapers sprengen.
Direkte Rohstoffinvestments sind mit Ausnahme von Edelmetallen für normale private und institutionelle Anleger nicht möglich. Praktisch umsetzbar sind Rohstoffinvestments lediglich in Gestalt so genannter Rohstoff-Termingeschäfte, englisch Commodity Futures.
Bei direkten Investments in physische Rohstoffe würden die Kosten für Transport, Lagerung und Versicherung jede denkbare positive Bruttorendite absorbieren („auffressen“) und in den Negativbereich drehen.
Die historischen Renditen von Rohstoffen (Spot-Markt) und Commodity Futures sind niedriger als viele Privatanleger glauben. Das Risiko von Rohstoff-Termingeschäften, z. B. gemessen an ihrer Volatilität, ist höher als das des Weltaktienmarktes.
Commodity Futures, die auch in Gestalt von ETFs existieren (Rohstoff-ETFs), haben im Zuge einer ab etwa dem Jahr 2002 stark gestiegenen Popularität dieser Anlageform ihre bis ungefähr 2007 vorhandene interessante Renditeerwartung eingebüßt. Daher halten wir Rohstoffe mit Ausnahme von Gold nicht für eine ausreichend attraktive Komponente eines Weltportfolios.
In unseren Blog-Beitrag „Rohstoff-Investments – sind sie sinnvoll?“ erläutern wir warum das so ist und gehen insgesamt detaillierter als in diesem Whitepaper auf Rohstoffe aus Investmentsicht ein.
Gold ist standardmäßig nicht Teil des Weltportfoliokonzeptes.
In den rund 50 Jahren seit sich der Goldpreis ab 1975 vollständig frei am Weltmarkt bilden kann und im Wesentlichen nicht mehr von Zentralbankeingriffen und Eigentumsbeschränkungen („Goldverboten“) gesteuert wird, wie das zuvor der Fall war, hat Gold eine schlechtere Rendite-Risiko-Kombination produziert als Aktien. Auch ist seine Renditeentwicklung noch unstetiger (unverlässlicher) als die von Aktien, der rentabelsten aller etablierten Anlageklassen.
Dennoch existieren einige Argumente, die potenziell für eine Beimischung von Gold in Höhe von 5% bis 10% eines Weltportfolios sprechen.
Gold-ETFs werden gleich vorteilhaft besteuert wie eine Direktanlage in Gold. Solche ETFs sind mit physischem Gold besichert und genauso „real“ wie eine direkt Goldanlage. Aus Sicherheitsgründen sprechen sogar gute Argumente einen Gold-ETF einem physischen Investment in Gold vorzuziehen (siehe hier).
Wesentlich umfangreicher als in diesem Whitepaper beschäftigen wir uns mit Gold aus Investmentsicht in unseren Blog-Beiträgen „Gold als Investment – braucht man das?“ (hier) und „Der Goldstandard: Ein Motor für mehr Wirtschaftswachstum?“ (hier).
Kryptowährungen sind standardmäßig nicht Teil des Weltportfoliokonzeptes.
Unter bestimmten Umständen können jedoch Bitcoin und/oder Etherum als Beimischung im risikobehafteten Teil fungieren. Die Gerd Kommer Invest kann ein solches Investment im Rahmen eines Weltportfolios für Mandanten, die das ausdrücklich wünschen, umsetzen.
Über Bitcoin und Kryptowährungen im Allgemeinen wurden in den letzten Jahren ganze Bibliotheken geschrieben. Die Meinungen von sachverständigen Personen zu Bitcoin und Co. reichen von „Schneeballsystem“ über „Investmentchance des Jahrhunderts“ bis hin zu „Bitcoin als gesellschaftliche Revolution“.
Auffällig in der öffentlichen Bitcoin/Krypto-Diskussion ist, dass viele Bitcoin-Enthusiasten in den Medien und im Internet sachlich und fachlich nicht sauber trennen zwischen dem Thema (A) „Kryptowährungen als Revolution in der Geldpolitik (und vielleicht auch Gesellschaftspolitik)“ auf der einen Seite und dem ganz anderen Thema (B) „Bitcoin (bzw. Krypotwährungen) als Vermögensanlage und Altersvorsorge für Privathaushalte“ auf der anderen Seite. Das von vielen Bitcoin-Enthusiasten aus ideologischen Gründen praktizierte „Verquirlen“ dieser beiden Ebenen macht viele ihre Schlussfolgerungen zu Kryptowährungen fragwürdig oder ganz falsch. In diesem Whitepaper geht es allein und ausschließlich um Thema (B).
Da Kryptowährungen noch neu sind, existieren keine langfristigen Renditedatenreihen, aus denen für die Zukunft hinreichend verlässliche Schlussfolgerungen in Bezug auf den Rendite-Risiko-Charakter dieser Anlageform abgeleitet werden können. Als hinreichend lang wären rund 25 Jahre aufwärts anzusehen. Die vorhandenen Zeitreihen betragen jedoch lediglich rund 15 Jahre für Bitcoin und noch weniger für alle anderen Kryptowährungen. Die hohen historischen Kryptorenditen bis November 2021relativieren dieses Argument nicht. (Zu den oft irreführend dargestellten historischen Renditen von Bitcoin siehe dieses YouTube-Video mit Dr. Gerd Kommer hier.) Da Kryptowährungen keinen Cashflow erzeugen und bisher keinen nennenswerten kommerziellen Nutzen haben (z. B. als Zahlungsmittel), ist eine Schätzung ihres „fundamentalen Preises“ („fairen Wertes“) wie z. B. bei Aktien, Anleihen oder Immobilien mit den Standardmethoden der Finanzökonomie unmöglich.
Die Forschungslage zu Kryptowährungen ist bisher noch unübersichtlich und sehr vorläufig. Ein wirklicher Konsens unter Wissenschaftlern existiert nicht.
Das bis vor einiger Zeit hohe politische Risiko in Form von schädlicher Einflussnahme von Staaten auf die Zulässigkeit der Nutzung von Kryptowährungen ist relativ zu etablierten Anlageklassen immer noch hoch, aber aus unserer Sicht seit der Zulassung von Krypto-ETFs in den USA Anfang 2024 deutlich gesunken. Diese „aufsichtsrechtliche Absegnung“ von Bitcoin durch die Finanzaufsicht in der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt war ein wichtiger Meilenstein insofern als Bitcoin damit quasi „in der Mainstream Investmentwelt“ ankam. In Europa gab es an Privatanleger vertriebene Krypto ETFs schon seit 2018. (Zwar existieren formale technische und rechtliche Unterschiede aber in der für den Anleger wirklich relevanten ökonomischen Perspektive unterscheiden sich amerikanische und europäische Krypto-ETFs wenig.)
Für ein Krypto-Investment kommen u. E. nur die zwei nach ihrer Marktkapitalisierung (und damit nach ihrem Markterfolg) größten Kryptowährunen in Betracht, Bitcoin oder Ethereum. Bei anderen Währungen sind die Unwägbarkeiten noch höher. (Kumulativ haben in den zurückliegenden 15 Jahren über 20.000 Kryptowährungen existiert. Die meisten sind inzwischen nicht mehr „aktiv“, also entweder ganz verschwunden oder formal noch existent, aber ohne echte Handelbarkeit und Transaktionsvolumen.)
Wer in Bitcoin oder Ethereum investieren möchte, sollte Kryptos dem risikobehafteten Portfolioanteil im Weltportfolio-Konzept zuordnen. Das Kryptoinvestment sollte nicht mehr als ein Zehntel des risikobehafteten Teiles des Weltportfolios ausmachen.
Aus Platzgründen gehen wir an dieser Stelle nicht auf die vielen anderen wichtigen Sachverhalte, Fragen und Risiken ein, die zu Bitcoin und Ethereum diskutiert werden.
Ein technisch einfacher und operativ sicherer Weg ein Bitcoin- oder Ethereum-Investment umzusetzen, besteht darin, einen Bitcoin-ETF (genauer ETN oder ETC), zu kaufen. Dieser Weg ist operativ weniger risikoreich und weniger komplex als Coins direkt zu kaufen. Operativ weniger risikoreich ist dieser Weg insofern, als hier kein Verlustrisiko für die „Private Keys“ besteht. Auch Hacking-Risiken und Risiken aus der Pleite einer Kryptobörse wie FTX sind auf diesem Wege weit niedriger. Der Krypto-ETN liegt bequem und übersichtlich im Wertpapierdepot.
Bei der Besteuerung existiert nach der derzeitigen Informations- und Rechtslage in Deutschland kein Unterschied zwischen direkt erworbenen Bitcoins und indirekt über einen ETN erworbenen Coins, sofern ein Auslieferungsanspruch durch den Produktanbieter gegeben ist.
Die Immobilienbranche ist ein normaler Teil des Weltaktienmarktes, genauso wie z. B. Chemie, Informationstechnologie, Gesundheit, Maschinenbau, Transport, Finanzen, Medien oder Versorger. Man denke beispielsweise an das größte deutsche Immobilienunternehmen, die börsennotierte Vonovia SE mit Sitz in Bochum. Dem Unternehmen gehören rund 550.000 vermietete Wohnungen im ganzen Bundesgebiet.
Weltweit macht die Immobilienbranche ungefähr fünf Prozent des gesamten Aktienmarktes aus. Da Immobilienaktien die begrüßenswerte Eigenschaft besitzen, dass Sie eine niedrige Korrelation zum restlichen Aktienmarkt aufweisen, spricht nichts dagegen, sie im risikobehafteten Teil eines Weltportfolios leicht (z. B. um 5%) überzugewichten.
In einem Crash sollte ganz einfach nichts getan werden, d. h. man sollte weder Verkäufe tätigen noch sein Portfolio umschichten oder vorher geplante Wertpapierkäufe verzögern. Investoren, die wegen eines starken Kursrückgangs ihre Asset-Allokation dahingehend verändern, dass sie Aktien oder andere risikoträchtige Wertpapiere verkaufen, zeigen damit, dass sie zuvor ihre Risikotragfähigkeit als zu hoch eingeschätzt haben. Insofern man seine Risikotragfähigkeit richtig eingeschätzt hat, ergibt sich aus einem Crash kein Grund, Verkäufe oder sonstige Umschichtungen vorzunehmen.
Die Anzahl der wissenschaftlichen Studien, die zeigen, dass „Crash Timing“ – der Versuch, Beginn und Ende starker Marktabschwünge zu prognostizieren und auf der Basis dieser Prognosen Market Timing zu betreiben – statistisch renditeschädlich ist, ist Legion. Wir selbst haben in unserem Blog-Beitrag „Timing des Markteinstiegs – funktioniert es?“ ebenfalls eine derartige Untersuchung angestellt.
In den vergangenen rund 120 Jahren gab es unzählige globale oder nationale Börsen- und Finanzmarktkrisen in allen Asset-Klassen (Aktien, Anleihen, Bankguthaben, Immobilien, Rohstoffe, Edelmetalle und Kunst), von denen mehrere schwerer oder genauso schwer waren wie die Finanzkrise ab 2008 oder die Corona-Krise Anfang 2020. Nach jeder dieser Krisen erholten sich die Märkte wieder – letzten Endes deshalb, weil die Weltwirtschaft weiterwuchs.
Die folgende Grafik zeigt diese Krisen für den globalen Aktienmarkt in den zurückliegenden 124 Jahre von 1900 bis 2023. Nach jeder dieser Aktienmarktkrisen erholte sich die Märkte wieder und übertrafen in überschaubarer Zeit den Vorkrisen-Kurshöchststand. Voraussetzung dafür war ein global über tausende Aktien diversifiziertes Portfolio.
Quelle: Berechnungen von Gerd Kommer mit Daten von Morningstar
In Ergänzung zeigt die nachfolgende Grafik für den kürzeren Zeitraum der letzten 34 Jahre (1990 bis 2023) diesen langfristigen Aufwärtstrend mit zwischenzeitlich ausgeprägtem Auf-und-Ab für drei Asset-Allokationen, die unterschiedliche Rendite-Risiko-Kombinationen repräsentieren – von sehr renditeorientiert (100/0-Level-1-Asset-Allokation) über eine mittlere Rendite-Risiko-Kombination (50/50-Allokation) bis zu einer sehr konservativen, risikoarmen (0/100-Allokation). Nach zwei starken Aktienmarkteinbrüchen von kumulativ jeweils mehr als 40% (2002 und 2009) erholte sich der Aktienmarkt jeweils wieder und gelangte später zu neuen „Allzeithochs“. Diese Gesetzmäßigkeit lässt sich im globalen Aktienmarkt seit mindestens 120 Jahren beobachten (siehe vorhergehende Grafik) und vermutlich noch länger, auch wenn dafür keine hochqualitativen Daten vorliegen.
Quelle: Berechnungen von Gerd Kommer mit Daten von MSCI und DFA (logarithmische Skala)
Wir halten globale Diversifikation innerhalb von Asset-Klassen und Diversifikation über Asset-Klassen hinweg sowie eine wohlüberlegte, ausreichend konservative Asset-Allokation für das sinnvollste Mittel, die unangenehmen Begleiterscheinungen einer Aktienmarktkrise (kurz- oder mittelfristige „Drawdowns“) abzumildern.
Zu bedenken ist außerdem, dass Finanzmarktkrisen oder Börsenabstürze – wie auch immer diese definiert werden[12] – im Vorhinein oder in „Echtzeit“ nicht zuverlässig zu erkennen sind, auch wenn uns die Medien, einige „ewige“ Untergangspropheten und unser gesunder Menschenverstand das Gegenteil weismachen wollen.
Wie weiter oben bereits erwähnt, steigt die statistisch erwartete, in die Zukunft gerichtete Rendite einer Asset-Klasse (im Unterschied zu Einzelwertpapieren), nachdem sie durch negative Renditen abgewertet hat („billiger“ wurde). Das ist ein mächtiger Grund für Buy-and-Hold. Wenn man sich überhaupt an Kursbewegungen der letzten zwölf oder 24 Monate orientieren will (was wir generell für keine gute Idee halten), dann sind negative Renditen bei einer Asset-Klasse in der jüngeren Vergangenheit eher ein Grund, nicht zu verkaufen bzw. sofort zu investieren. Hier gilt eine Analogie: Wenn ein Konsum- oder Investitionsgut deutlich billiger geworden ist, ist das ja ebenfalls ein Grund, mehr davon nachzufragen als weniger.
Weitere Argumente dafür, im Crash nicht zu verkaufen, finden sich in ausführlicherer Form in allen Investmentbüchern von Dr. Gerd Kommer.
[12] Eine allgemeingültige, auch nur einigermaßen präzise Definition existiert weder für „Crash“ noch für „Börsenkrise“ oder die Synonyme dieser Bezeichnungen.
Aus der Sicht der Wissenschaft ist es unwahrscheinlich, mit sogenanntem „Market-Crash-Timing“ eine disziplinierte, wissenschaftlich orientierte Buy-and-hold-Strategie auf lange Sicht zu schlagen.
Market Timing führt regelmäßig dazu, dass Anleger kumulativ zu lange an der „Seitenlinie“ stehenbleiben, statt auf dem „Spielfeld“ zu sein. Das verursacht langfristig Opportunitätskosten (entgangene Erträge). Auch führt Market Timing zwangsläufig zu erhöhten Kosten und vermeidbaren Steuernachteilen. Ferner begünstigt es prozyklische (und damit schädliche) Timing-Entscheidungen: In den Markt einsteigen, nachdem der Großteil eines Aufschwungs schon erfolgt ist und man dann auf teurem Niveau einkaufen muss oder aus einem Markt aussteigen, nachdem der Großteil des Abschwungs bereits erfolgt ist. So praktiziert man unfreiwillig „buy high, sell low“. Das Ergebnis sind enttäuschende Langfristrenditen.
Ein englisches Investment-Bonmot sagt es schön anschaulich: „Time in the market is more important than timing the market.“
Auf die wichtige Frage des „richtigen“ Einstiegszeitpunktes gehen wir in unserem Blog-Beitrag „Einstieg in den Aktienmarkt: Einmalanlage oder Phaseninvestment?“ detaillierter ein.
Rationale Investmententscheidungen sollten in Bezug auf die Einbeziehung und Gewichtung von Asset-Klassen in ein Anlegerportfolio primär auf die relativen Verhältnisse bei Rendite, Risiko und Liquidität abstellen und erst in zweiter Linie auf die absoluten Höhen dieser drei Schlüsselmerkmale. Dabei sollten alle Asset-Klassen gleichzeitig und parallel miteinander verglichen werden, so wie jede rationale Entscheidung sämtliche relevanten Alternativen gegeneinander abwägt und nicht nur – sinnlos – einzelne Alternativen in Isolation betrachtet.
Heute, Anfang 2025, ist die Asset-Klasse Wohnimmobilien in den meisten Großstädten in Deutschland, Österreich und der Schweiz noch immer überdurchschnittlich hoch bewertet, also „teuer“ und damit sind in die Zukunft gerichtete Ertragserwartungen für diese Asset-Klasse unterdurchschnittlich. Erschwerend kommen die in den letzten 18 Monaten beträchtlich gestiegenen Immobilienfinanzierungszinsen hinzu.
Zinstragende Anlagen höchster Qualität und Sicherheit (kurzlaufende Staatsanleihen und Unternehmensanleihen höchster Bonität und ohne Wechselkursrisiko) haben nach dem beträchtlichen Anstieg der Nominalzinsen im Jahr 2022 nun wieder relativ attraktive Renditen (Umlaufrenditen). Das Bewertungsniveau solcher Anleihen war vor 2022 (nach einem seit etwa 1990 trendmäßig 40 Jahre lang fallenden Zinsniveau) sehr hoch und ist nun wieder etwas günstiger und attraktiver.[13] Auch wenn die Zinsen seit Anfang 2022 besonders schnell und merklich gestiegen sind, sind sie historisch gesehen immer noch niedrig. Bei Anleihen sollte man Langläufer vermeiden, da durch weitere Nominalzinsanstiege nochmalige Kursverluste (wie schon in 2022) erfolgen könnten. (Im Weltportfolio-Konzept besteht die Anleihen-Komponente grundsätzlich immer aus Kurzläufern.)
Bankguthaben sind – wie in den letzten Jahren allmählich mehr Privathaushalte erkennen – kein sinnvolles Langfristinvestment. Auf lange Sicht liegt ihre Rendite nach Abzug von Inflation und Steuern nahe bei null. Bankeinlagen sind zwar „99,9% der Zeit“ schwankungsfrei, repräsentieren jedoch für Beträge oberhalb der staatlichen Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Kunde-Bank-Kombination (in der EU) für Anlageperioden von mehr als ein paar Monaten ein inakzeptables Ausfallrisiko.
In unserem Blog-Beitrag „Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben“ gehen wir detaillierter auf das Ausfallrisiko von Bankguthaben ein.
Zum Bewertungsniveau von Gold, Rohstoffen und Kryptowährungen ist eine zuverlässige Aussage strukturell unmöglich.
Unter den drei wichtigsten Asset-Klassen für Privatanleger – Aktien, High-Quality-Anleihen und Immobilien in den DACH-Ländern – sind lediglich Aktien heute, Anfang 2025, nicht „teuer“.
Um eine Einordnung darüber vornehmen zu können, wie „günstig“ oder „teuer“ eine gegebene Asset-Klasse aktuell ist, müssen die Kurse ins Verhältnis zu einer weiteren aussagekräftigen Kennzahl gesetzt werden. Ein Kursniveau allein (z. B. der Punktestand des DAX oder ein sogenanntes „Allzeithoch“) ermöglicht genauso wenig Schlussfolgerungen über das Bewertungsniveau eines Marktes wie die Körpergröße eines Menschen Schlussfolgerungen über seinen Körperbau zulässt.
Die gängigste Bewertungskennzahl im Aktienmarkt ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis („KGV“), das den Kurs einer Aktie (bzw. eines Index) ins Verhältnis zum Gewinn pro Aktie (bzw. der durchschnittlichen Gewinne der Aktien in einem Index) setzt. Der aktuelle Wert des KGV in Kombination mit seinem historischen Wert erlauben dann, Aussagen über das Bewertungsniveau einer Aktie, eines Index oder einer ganzen Asset-Klasse zu treffen.
In der folgenden Tabelle stellen wir die KGV-Werte der Regionen Industrieländer (in Form des „MSCI World“) und der Schwellenländer („Emerging Markets“ bzw. „EM“) per Ende Januar 2025 ihren historischen Durchschnittswerten gegenüber:
Index | Forward-KGV am 31.01.2025 | KGV: historischer Mittelwert | Relative Bewertung |
MSCI World Standard | 19,5 | 17,6 | +10,8% |
MSCI EM Standard | 12,0 | 13,2 | –9,1% |
Quelle: MSCI, Morningstar
Wie der Tabelle zu entnehmen ist, notierte der Weltaktienmarkt im Januar 2025 insgesamt etwa an seinem historisch mittleren Niveau. Aus Bewertungssicht war ein Einstieg zu diesem Zeitpunkt daher unbedenklich.
[13] Wenn die Zinsen niedrig sind, spricht man ökonomisch von einem „teuren“ bzw. hoch bewerteten Anleihenmarkt. Das Bewertungsniveau von Anleihen ist umgekehrt proportional zur Höhe des Zinsniveaus.
Menschen sind emotionale Wesen, und das ist auch gut so. Auch auf dem Gebiet des Investierens und der Vermögensbildung werden nur wenige unter uns von sich behaupten können oder wollen, dass sie 100% rational agieren und keiner der vielen wissenschaftlich dokumentierten kognitiven Verzerrungen (Denkfehler und Selbsttäuschungen) unterliegen.[14] Andererseits lässt die Wirtschaftswissenschaft keine Zweifel: Emotionen sollten zum Schutz unserer höchsteigenen Finanzgesundheit so weit wie möglich aus dem Prozess des Investierens herausgehalten werden.
Wir versuchen diese Herausforderung folgendermaßen zu adressieren:
[14] Damit sind die zahlreichen „cognitive biases“ gemeint, die die wissenschaftliche Disziplin der „Behavioral Economics“ in den vergangenen 30 Jahren dokumentiert und analysiert hat. Zwei Forscher – Daniel Kahnemann und Richard Thaler – erhielten für ihre Beiträge hierzu 2002 bzw. 2017 den Wirtschaftsnobelpreis.
Alle Aussagen in diesem Whitepaper werden umfassender und detaillierter in den folgenden Investmentbüchern von Dr. Gerd Kommer hergeleitet und beschrieben:
Kommer, Gerd; Großmann, Felix (2021): „Wie die Untergangspropheten investieren“; Blog-Beitrag; Juli 2021; Link: https://gerd-kommer.de/wie-untergangspropheten-investieren/
Kommer, Gerd; Großmann, Felix (2024): „Via Negativa – ein unbekanntes Konzept für mehr Erfolg beim Investieren“; Blog-Beitrag; Januar 2024; Link: https://gerd-kommer.de/via-negativa/
Kommer, Gerd; Kanzler, Daniel (2021): „Rohstoff-Investments – sind sie sinnvoll?“; Blog-Beitrag; November 2021; Link: https://gerd-kommer.de/sind-rohstoff-investments-sinnvoll/
Kommer, Gerd; Schweizer Jonas (2019): „Das Konzept der Cash-Flow-Kaskade“; Blog-Beitrag; Januar 2019; Link: https://gerd-kommer.de/cash-flow-kaskade/
Kommer, Gerd; Schweizer Jonas (2019): „Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben“; Blog-Beitrag; August 2019; Link: https://gerd-kommer.de/risiko-von-bankguthaben/
Kommer, Gerd; Schweizer Jonas (2021): „Steuern sparen durch Buy-and-Hold“; Blog-Beitrag; Oktober 2021; Link: https://gerd-kommer.de/steuern-sparen-buy-and-hold/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2019): „Factor Investing – die Basics“; Blog-Beitrag; Mai 2019; Link: https://gerd-kommer.de/factor-investing-die-basics/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2019): „Integriertes Multifactor Investing“; Blog-Beitrag; Juni 2019; Link: https://gerd-kommer.de/integriertes-multifactor-investing/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2019): „Gold als Investment – braucht man das?“; Blog-Beitrag; November 2019; Link: https://gerd-kommer.de/gold-als-investment/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2020): „The Pains of Factor Investing“; Blog-Beitrag; Mai 2020; Link: https://www.gerd-kommer-invest.de/pains-of-factor-investing/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2020): „Einstieg in den Aktienmarkt: Einmalanlage oder Phaseninvestment?“; Blog-Beitrag; Juli 2020; Link: https://gerd-kommer.de/einmalanlage-vs-phaseninvestment/
Die Marktwirtschaft in ihrer heutigen Form entstand in Europa und Nordamerika Ende des 18. Jahrhunderts mit dem Beginn der Industriellen Revolution und dem Ende des religiös motivierten Feudalismus. Gesellschaftspolitisch waren dabei die Amerikanische Revolution 1776 und die Französische Revolution 1789 bedeutsame Meilensteine.
Dank der im Rückblick beinahe unglaublichen Dynamik und Produktivität der Marktwirtschaft hat sich das ökonomische Los der Menschheit in den letzten rund 250 Jahren dramatisch verbessert, wie die nachfolgend genannten globalen Indikatoren für Wohlstand und Lebensqualität zeigen sollen. (In den rund 1.800 Jahren von Christi Geburt bis zur Entstehung der modernen Marktwirtschaft Mitte/Ende des 18. Jahrhunderts wuchs die globale Wirtschaftsleistung pro Kopf fast überhaupt nicht.) Hier sind die Zahlen: [1]
Aus unserer Sicht existiert kein soziales Organisationssystem, das mehr Wohlstand und Lebensqualität schafft als die Marktwirtschaft.
Wir sind davon überzeugt, dass die Weltwirtschaft, die aus Unternehmen in rund 195 Staaten besteht, in der langfristigen Zukunft ähnlich weiterwachsen wird, wie das in den vergangenen rund 200 Jahren der Fall war.
Wir alle partizipieren als Arbeitnehmer, Ruheständler, Verbraucher und generell als Bürger an dieser Wertschöpfung.
Anleger, die der Weltwirtschaft, also Unternehmen und Staaten, Risikokapital bereitstellen – zum Beispiel durch den Kauf von Aktien oder Anleihen – profitieren zusätzlich als Kapitalgeber und Investoren vom erstaunlich stabilen globalen Wirtschaftswachstum. In den rund 75 Jahren seit dem Zweiten Weltkrieg bis 2023 gab es nur zwei Jahre (2009 und 2020), in denen das reale globale Wirtschaftswachstum nicht positiv war. Die Volkswirtschaft eines einzelnen Landes hingegen wird in mehr als jedem zehnten Jahr eine negative Wachstumsrate erleben.
Im Einklang mit der herrschenden Meinung in der wissenschaftlichen Finanzmarktforschung glauben wir, dass die organisierten Kapitalmärkte Wertpapiere korrekt bepreisen. Korrekt heißt in diesem Zusammenhang, dass der aktuelle Preis eines Wertpapiers die beste Schätzung seines fundamentalen Werts darstellt und somit Investoren allein durch Nutzung öffentlich verfügbarer Informationen keine systematische (zuverlässige) Überrendite erzielen können.[2]
Der technische Ausdruck hierfür lautet „Informationseffizienz“ der Finanzmärkte. „Systematisch“ bedeutet dauerhaft und fortwährend, also nicht nur durch Zufall (also Glück, dem spiegelbildlich Pech gegenübersteht). „Überrendite“ heißt Mehrrendite gegenüber einer angemessenen Vergleichsmarke (Benchmark) unter Berücksichtigung des eingegangenen Risikos, der Nebenkosten des Investierens und von Steuern.
Der amerikanische Ökonom Eugene Fama erhielt 2013 den Wirtschaftsnobelpreis, unter anderem für seine bahnbrechenden Forschungen zur sogenannten Efficient-Market Hypothesis (Markteffizienzhypothese), die Ursache und Wirkung der oben beschriebenen Informationseffizienz beschreibt.
Aktives Investieren ist das, was „alle“ machen, also der Versuch, durch gezieltes Timing („Rein-Raus“) oder bewusste Auswahl von und Konzentration auf bestimmte Wertpapiere eine besonders attraktive Rendite-Risiko-Kombination zu erzielen. Weit über 90% aller Vermögensanlagen von Privatanlegern stellen eine Form aktiven Investierens dar.
Jede Form von aktivem Investieren, egal in welcher konkreten aktiven Strategie, ist entweder (a) „Asset Picking“ (bei Aktien „Stock Picking“ genannt), die gezielte Auswahl einzelner vermeintlich attraktiver Anlagen; (b) Market Timing, das Rein-Raus im Zeitablauf in Bezug auf ganze Asset-Klassen,[3] um vermeintlich günstige Marktphasen auszunutzen und ungünstige zu umschiffen; oder (c) eine Mischung aus Asset Picking und Market Timing.
Die wissenschaftliche Finanzökonomie hat in den vergangenen rund 60 Jahren in vielen hunderten seriösen Studien gezeigt, dass:
Warum ist das so? Die Hauptursache ist die erwähnte Informationseffizienz in den Finanzmärkten. Sie unterscheiden sich hierin von allen anderen Märkten wie z. B. dem Markt für Gebrauchtwagen, dem für Flugreisen und dem für Immobilien. Das macht Finanzmärkte insofern einzigartig unter allen Märkten, als dass man Gesetzmäßigkeiten und Tendenzen, die auf anderen Märkten gelten, häufig nicht auf sie übertragen kann.
Erfreulicherweise muss man sich mit der unattraktiven Rendite-Risiko-Kombination des aktiven Investierens nicht abfinden, da eine überlegene Alternative existiert.
Passives Investieren ist die bessere Alternative zu aktivem Investieren. Es ist frei von den oben beschriebenen Nachteilen konventionellen, aktiven Investierens. Deswegen produziert es im Durchschnitt bessere Ergebnisse. Auf lange Sicht besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein passiver Anleger bei Rendite und Endvermögen in den Top 10% seiner korrekt gewählten Vergleichsgruppe (Peer Group) landet. Zumeist führt passives Investieren nicht nur zu einer besseren Rendite, sondern auch zu weniger Risiko, zu mehr Transparenz und zu insgesamt mehr Seelenfrieden beim Anleger.
Passives Investieren ist prognosefreies, nicht-spekulatives Investieren in ganze Asset-Klassen wie z. B. den Weltaktienmarkt auf Buy-and-hold-Basis (kaufen und halten), einschließlich regelbasiertem „Rebalancing“. Es wird dabei kein kostenträchtiger und mehrheitlich renditeschädlicher Versuch unternommen, „den Markt zu schlagen“.
Die Kosten passiven Investierens sind nur ein Bruchteil derjenigen aktiven Investierens.
Die Bezeichnung „passiv“ ist insofern missverständlich als sie suggeriert, dass ein passiver Anleger „nichts tut“. Diese Interpretation wäre falsch. Passive Anleger oder ihre Berater treffen anfänglich und fortlaufend ebenfalls viele aktive Entscheidungen, wenn auch nur solche, die aus der Sicht der Wissenschaft einen relevanten Mehrwert erwarten lassen. Ein großer Teil des hektischen Aktionismus bei konventionellem Anlegen hat aus wissenschaftlicher Perspektive eine negative Nutzenerwartung und verursacht per Saldo einen Schaden (echte Verluste und/oder schlechtere Renditen als mit einem passiven Ansatz möglich wären). Da sich jedoch die eher falsche Bezeichnung „passives Investieren“ schon vor vielen Jahren etabliert hat, benutzen auch wir sie, um uns von unwissenschaftlichem „aktiven“ Investieren abzugrenzen.
Passives Anlegen ist immer noch eine Minderheitenveranstaltung, deren Marktanteil seit einigen Jahren allerdings schneller wächst als der aller anderen Formen des Investierens. Die drei größten Fondsgesellschaften der Welt (BlackRock, Vanguard und State Street) offerieren vorwiegend „passive“ Produkte (traditionelle Indexfonds und ETFs, also börsengehandelte Indexfonds). Der größte Investmentfonds der Welt ist ein Indexfonds – der Vanguard Total Stock Market Index Fund. Auch der größte Staatsfonds der Welt, der bekannte norwegische Government Pension Fund Global, vertraut für den größeren Teil seiner Kapitalmarktanlagen auf die Grundsätze passiven Investierens.
[1] Die genannten Daten stammen von der Website https://ourworldindata.org/ des deutschen Wirtschaftswissenschaftlers Max Roser an der Oxford University. Die dramatische Besserung der Verhältnisse der Menschheit in den vergangenen 200 Jahren wird auch umfassend belegt in den folgenden Büchern: Steven Pinker: Aufklärung jetzt: Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt. Eine Verteidigung (2018); Hans Rosling: Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist (2018); Martin Schröder: Warum es uns noch nie so gut ging und wir trotzdem ständig von Krisen reden (2019); Andrew McAfee: Mehr aus weniger: Die überraschende Geschichte, wie wir mit weniger Ressourcen zu mehr Wachstum und Wohlstand gekommen sind – und wie wir jetzt unseren Planeten retten (2020); Johan Norberg: Fortschritt: Ein Motivationsbuch für Weltverbesserer (2020).
[2] Die Nutzung nicht öffentlich verfügbarer Informationen für Investitionszwecke (Insider-Informationen) bei Wertpapieranlagen ist in Deutschland und in den meisten anderen Industrieländern strafbar.
[3] Asset-Klassen (Asset = Vermögenswert) sind sachlogisch sinnvoll definierte Kategorien von Anlagen (Assets) wie z. B. Aktien, Anleihen, Geldmarktanlagen (bargeldartige Anlagen), Immobilien, Rohstoffe und Sammlerobjekte. Diese Haupt-Asset-Klassen lassen sich vielfältig in Sub-Asset-Klassen untergliedern. Einzelne Assets innerhalb einer Asset-Klasse haben statistisch sehr ähnliche Eigenschaften in Bezug auf Rendite, Risiko und Liquidität.
Renditen sind in erster Linie die Kompensation für das Tragen von „erwartetem“ Risiko (Risiko in der Vorausschau der Marktgemeinschaft). Wer kein Risiko trägt, kann keine Rendite erwarten. Wer nur geringes Risiko tragen will, kann nur eine geringe Rendite erwarten. Rendite ist somit in erster Linie „Schmerzensgeld“. Das gilt über alle Marktphasen hinweg: gute, neutrale und schlechte.
Wir glauben nicht, dass es systematisch möglich ist, Segmente des Finanzmarktes zu identifizieren, die in dieser Hinsicht einen „Free Lunch“ (ein „Gratismittagessen“) bieten. Das ist das „No-Free-Lunch-Prinzip“, dem wir hohe Bedeutung zumessen.[4] Die einzige Ausnahme hiervon ist intelligente, im Einklang mit der Wissenschaft stehende Diversifikation, auf die wir in Abschnitt 2.6 eingehen.
In schlechten Marktphasen (also unmittelbar nachdem die Marktrenditen gefallen sind) sind die erwarteten Renditen für die Zukunft höher als in normalen oder guten Marktphasen.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Kapitalmarktforschung in den vergangenen fünf Jahrzehnten ist die Aufteilung von Risiken in „gute“ und „schlechte“ Risiken. Gute Risiken sind solche, für die der Kapitalmarkt ex ante eine Kompensation (Belohnung) zahlt. Schlechte Risiken sind solche, deren Tragen der Kapitalmarkt ex ante nicht belohnt. Wir holen bewusst gute, also „bezahlte“ Risiken, in die Portfolios (Depots) unserer Mandanten und stellen sicher, dass schlechte, nicht bezahlte Risiken draußen bleiben. Im nächsten Abschnitt 2.2 werden die wichtigsten Risikotypen genannt, die in die Kategorie der schlechten Risiken fallen.
Wir messen der Auseinandersetzung mit der Komplexität des Risikobegriffs und dem unvermeidlich einzugehenden Risiko eine zentrale Bedeutung für das rationale Investieren bei. Nachfolgend einige Risikoaspekte, die in unseren Investmentansatz eingehen:
Der Weltportfolio-Ansatz zielt darauf ab, mit einem disziplinierten, langfristig angelegten Investment Marktrisikoprämien zu „ernten“. Das geht naturgemäß nur, wenn und solange man auch tatsächlich „Exposure“ (Ausgesetztsein) zu diesen Marktrisikoprämien wie z. B. der „Aktienmarktprämie“ (Equity-Prämie) hat, also „im Markt“ investiert ist.
Der Weltportfolio-Ansatz will gerade keine Mehrrendite[6] relativ zum „Markt“ (also der betreffenden Asset-Klasse) erzielen, weil wir diesen Versuch statistisch und auf lange Sicht als renditeschädlich einschätzen.
Konventionelles aktives Investieren von Privatanlegern, ob in Eigenregie oder mit Unterstützung eines Beraters oder Fondsmanagers, basiert auf zwei Annahmen: (a) Es gibt jemanden, der in der Lage ist, systematisch (dauerhaft und wiederholt) profitable Finanzprognosen zu erstellen und (b) es gelingt einem Anleger, diese Person oder Institution zu identifizieren (oder ein Privatanleger glaubt, er selbst sei dazu in der Lage).
Wir halten beide Annahmen für wenig überzeugend und ihre Befolgung langfristig für renditeschädlich. Weil das so ist, praktizieren wir einen vollständig prognosefreien Investmentansatz.
Prognosen sind Wetten. Die folgenden Wetten (Risiken) würden wir niemals eingehen:
Diese Wetten repräsentieren „schlechte Risiken“, die mangels erwarteter Kompensation (Rendite) nicht akzeptiert werden sollten (siehe voriger Abschnitt). Wir „wetten“ lediglich auf die gesamte Weltwirtschaft und darauf, dass die Marktwirtschaft auch in der langfristigen Zukunft – so wie seit Beginn der Industriellen Revolution vor über 200 Jahren – auf globalem Niveau weiterhin Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Fortschritt produzieren wird.
Renditen einzelner Wertpapiere, einzelner aktiv gemanagter Fonds oder einzelner aktiver Anlagestrategien aus den vergangenen sechs Monaten bis 20 Jahren haben aus zahlreichen Gründen, die in der Wissenschaft gut dokumentiert sind, keine verlässliche Bedeutung für die Zukunft. Das ist einer der vielen Gründe, warum Investments in Einzelwertpapiere und generell aktive Strategien aus rein rationaler Sicht abzulehnen sind.
Auf der Ebene ganzer Asset-Klassen (von uns empfohlene oder verwendete ETFs bilden stets eine wohldefinierte Asset-Klasse ab) sind historische Renditen in der jüngeren Vergangenheit (z. B. in den letzten fünf Jahren) für die Formulierung einer Anlagestrategie und für in die Zukunft gerichtete Anlageentscheidungen ebenfalls fast immer unmaßgeblich, denn diese Kurzfristrenditen haben generell keine oder nur geringe Aussagekraft. Selbstverständlich sind diese jüngsten Renditen „interessant“ und werden von uns und den Anlegern laufend beobachtet, doch sagen sie über die nächsten sechs Monate oder drei Jahre aus der Sicht der Wissenschaft wenig bis nichts aus. Mehr noch: Wer aus den Renditen über kurze Zeiträume wesentliche Entscheidungen ableitet, der kann sich damit wirtschaftlich beträchtlichen Schaden zufügen.
Weil das so ist, führt der Versuch, allein aus der Rendite eines Asset-Klassen-Portfolios über Zeiträume von weniger als fünf oder zehn Jahren verlässliche Schlussfolgerungen für die Richtigkeit oder Falschheit der Anlagestrategie abzuleiten, regelmäßig in die Irre.
Im Unterschied zu Renditen aus der jüngeren Vergangenheit (z. B. die letzten fünf Jahre) hat das Bewertungsniveau bei Asset-Klassen (z. B. das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder KGV breiter Aktienmärkte) tatsächlich eine Bedeutung für Renditen in der Zukunft. Niedrige („günstige“) Bewertungen signalisieren hohe erwartete Renditen und hohe („teure“) Bewertungen niedrige erwartete Renditen. Daraus kann man jedoch nicht ableiten, dass bewertungsgetriebenes Market Timing funktioniere. Diese falsche Schlussfolgerung lässt die Opportunitätskosten des „Wartens“ (die entgangene Rendite des Nicht-voll-investiert-Seins) und weitere Market-Timing-Nachteile (Transaktionskosten, Steuern und mögliche Timing-Fehler) außen vor.
Aus historischen Daten über die letzten 120 Jahre und aus der ökonomischen Sachlogik heraus wissen wir, dass Aktien die ertragreichste aller Asset-Klassen sind. Sie sind langfristig ertragreicher als Immobilien, als Unternehmensanleihen, als Staatsanleihen, als Gold, als Rohstoffe und als Sammlerobjekte wie z. B. Oldtimer oder Kunst.
In unserem Blog-Beitrag „Das Konzept der Cash-Flow-Kaskade“ gehen wir auf die sachlogischen Gründe dafür ein, warum Aktien die rentabelste Asset-Klasse sein müssen.
Die Nebenkosten des Investierens wirken sich langfristig beträchtlich auf den Vermögensendwert eines Anlegers aus. Unser Ziel ist es, diese Kosten, wo möglich, zu minimieren. Die zwangsläufig höheren Kosten aktiven Investierens sind einer der Gründe, warum wir diese Form des Investierens ablehnen.
Diversifikation ist der einzige „Free Lunch“ (Gratismittagessen) beim Investieren und wird daher im Weltportfolio-Konzept intensiv und systematisch genutzt. Diversifikation ist das Gegenteil von Konzentration. Konzentration kommt in den von uns abgelehnten Wetten bei aktivem Investieren zum Ausdruck, die oben in Abschnitt 2.2 aufgezählt wurden.
Diversifikation senkt das Risiko eines Portfolios, ohne dabei dessen Ertragserwartung zu reduzieren (daher die Bezeichnung Free Lunch). Portfolio-Diversifikation erfolgt sowohl innerhalb von Asset-Klassen als auch über verschiedene Asset-Klassen hinweg.
Im risikobehafteten Teil des Weltportfolios wird die regionale Aufteilung (geographische Gewichtung) in etwa wie folgt vorgenommen:
Region | Gewicht[7] |
Nordamerika | 30% |
Westeuropa | 30% |
Asien-Pazifik | 10% |
Schwellenländer | 30% |
Summe | 100% |
Diese Allokation ist ein pragmatischer Kompromiss zwischen einer Gewichtung auf Basis von Marktkapitalisierung (Börsenwerten) und Wirtschaftsleistung (gemessen am Bruttoinlandsprodukt der einzelnen Regionen). Würde man eine traditionellere Gewichtung allein auf der Basis der Marktkapitalisierung zugrunde legen, betrüge das Gewicht Nordamerikas aktuell, Mitte 2024, über 60% und das Gewicht der Schwellenländer (einschließlich Brasilien, China und Indien) rund 10%. Bei diesen beiden Regionen und für Europa weicht die Portfolio-Gewichtung also recht deutlich von der Gewichtung nach Marktkapitalisierung ab. Bei den Gewichten für Asien-Pazifik (Japan, Australien, Neuseeland, Hongkong, Singapur) bestehen kleinere Abweichungen. Genaueres hierzu finden Sie in unserem Blog-Beitrag „Aktienportfolio gewichten – Marktkapitalisierung oder BIP?“.
Der Hauptgrund für die im Weltportfolio-Konzept gewählte „fundamentale“ (real-wirtschaftliche) Gewichtungsmethode liegt darin, dass erstens das Klumpenrisiko USA reduziert werden soll und zweitens in Frage gestellt wird, ob der „historische Zufall“ des höheren Anteils börsennotierter Unternehmen in den USA relativ zu anderen Regionen die Gewichtung der Region in einem Weltportfolio in einem solchen Ausmaß beeinflussen sollte. Wir glauben nicht.
Auf sehr lange Sicht hat eine BIP-Gewichtung in der Vergangenheit gegenüber einer Marktkapitalisierungsgewichtung eine leichte Outperformance produziert.
Investieren mit dem Ziel des Aufbaus, der Bewahrung oder der langfristigen Nutzung von Vermögen, entweder zu Altersvorsorgezwecken oder zur Weitergabe an Erben, ist ein Marathon. Bei einem solchen Langstreckenlauf ist es aus Ex-ante-Sicht gar nicht oder nur wenig relevant, was genau auf den ersten 1.000 Metern oder Kilometer 17 bis 19 geschieht. Genauso führt der Versuch, aus der Rendite eines Portfolios über Zeiträume von weniger als fünf oder zehn Jahren belastbare Schlussfolgerungen über die Richtigkeit der Anlagestrategie abzuleiten, regelmäßig in die Irre.
Weltportfolio-Anleger sollten sich bewusst darüber sein, dass das Ziel des Weltportfolios nicht darin besteht, kurzfristig – z. B. über sechs Monate oder drei Jahre – möglichst hohe Renditen zu erzielen oder auch nur jedes Kalenderjahr eine positive Rendite zu erzielen. Wir glauben, dass solche Kurzfristziele kontraproduktiv sind und streben deshalb an, auf lange Sicht (>10 Jahre) eine attraktive Rendite-Risiko-Kombination zu erreichen.
Unsere Anlagestrategie ist die eines radikalen Buy-and-hold-Ansatzes mit regelbasiertem Rebalancing (siehe dazu Abschnitt 2.11). Weder nehmen wir besonders gute Renditen in der jüngeren Vergangenheit in einer Asset-Klasse zum Anlass, diese Asset-Klasse „nachzukaufen“ oder in sie umzuschichten, noch nehmen wir umgekehrt schlechte Renditen oder Verluste zum Anlass für Verkaufsentscheidungen.
Warum Buy-and-Hold? Die Antwort ist einfach: Buy-and-Hold („BAH“) führt statistisch zu höheren Endvermögenswerten als die Alternative – kurz- oder mittelfristiges Handeln von Einzelwerten bzw. Asset-Klassen (Stock- bzw. Asset Picking) oder Wertpapieren mit dem Ziel, den „perfekten“ Einstiegs- oder Ausstiegszeitpunkt zu treffen.
Die Gründe für die statistische Überlegenheit von BAH sind: Aktives Investieren funktioniert generell schlecht (siehe Abschnitt 1.3 weiter oben); BAH hat die niedrigstmöglichen Kosten; und BAH führt auf lange Sicht zu steuerlichen Vorteilen aus dem steuerlichen Barwerteffekt durch die in die Zukunft verschobene („nachgelagerte“) Besteuerung von Kursgewinnen, was wir in unserem Blog-Beitrag „Steuern sparen durch Buy-and-Hold“ genauer erläutern.
Wer den „Markt“ mit seinen Investments replizieren will, wie wir das tun, muss ein BAH-Anleger sein, denn der Markt selbst ist per Definition ein BAH-Konzept.
BAH heißt nicht, dass im Portfolio im Zeitablauf keine Veränderungen stattfinden können. Es heißt lediglich, dass diese Veränderungen nicht ausgelöst werden von der subjektiven Einschätzung der jüngeren Vergangenheit oder spekulativen Wetten auf Ereignisse in der kurz- und mittelfristigen Zukunft. Zudem finden Anpassungen im Depot durch regelbasiertes Rebalancing statt (siehe Abschnitt 2.11 weiter unten).
Privatanlegern wird oft vermittelt, erfolgreiches Investieren sei primär eine Frage davon, spezifische aktive Entscheidungen richtig zu treffen oder – allgemeiner formuliert – „bestimmte Dinge richtig zu tun“. Dies ist nur halb richtig. Erfolgreiches Investieren ist sowohl das Ergebnis von (a) vorteilhaften aktiven Handlungen als auch (b) dem Unterlassen schädlicher Handlungen, sprich dem Vermeiden von Fehlern. Wir sind sogar der Meinung, dass (b) auf lange Sicht tendenziell einen größeren Einfluss auf das Endvermögen eines Anlegerhaushaltes hat als (a). Vermeiden von Fehlern bedeutet schlechte Finanzprodukte[8] nicht zu kaufen, keine schlechten Strategien zu praktizieren und so selten wie möglich ungünstige Timing-Entscheidungen (wie Rein-Raus oder Hin-Her) zu treffen. Den hohen wirtschaftlichen Beitrag des „Unterlassens“ zu einem langfristig erfolgreichen Vermögensmanagement nennen wir „Via-Negativa“ für „der negative Weg“. Wir widmen diesem Aspekt in Bezug auf die Investments unserer Mandanten viel Aufmerksamkeit. Die Details des Via-Negativa-Konzeptes beschreiben wir hier.
„Interessenkonflikte sind die Pest der Finanzbranche“ hieß es im Jahr 2017 in einem Medienartikel. Diese Einschätzung trifft den Nagel auf den Kopf. Letzten Endes hat kein anderer Faktor in den vergangenen 20 Jahren mehr Schaden in Anlegerportfolios angerichtet als die Anwesenheit von Interessenkonflikten bei den verschiedenen „traditionellen“ Parteien, die den Anlageerfolg von Privatanlegern beeinflussen: Banken, Finanzberater, Vermögensverwalter, Produkthersteller (z. B. Banken, Lebensversicherungsgesellschaften, Fondsgesellschaften, Zertifikate-Emittenten, Immobilienmakler) und die Medien.
Wir bei Gerd Kommer schließen Interessenkonflikte in unserer Arbeit rigoros aus und haben uns einem regulatorischen Regime unterworfen, das es uns verbietet, Provisionen von Produktherstellern – in welcher Form auch immer – zu akzeptieren. Auch die Form unserer Verwaltungsvergütung wurde so gewählt, dass daraus keine Interessenkonflikte entstehen.
Unter Rebalancing versteht man im Kontext von passivem Investieren die regelbasierte, periodische Wiederherstellung der ursprünglichen, bewusst gewählten Portfoliostruktur, nachdem sich diese durch unterschiedliche Renditeentwicklung der einzelnen Portfoliokomponenten verschoben hat – eine Situation, die über längere Zeiträume hinweg zwangsläufig eintritt und normal ist.
Da risikoreiche Asset-Klassen (z. B. Aktien) langfristig höhere Renditen aufweisen als risikoarme Asset-Klassen (z. B. Anleihen), werden bei einem Verzicht auf Rebalancing die risikoreichen Portfolioteile im Zeitablauf ein steigendes Gewicht im Portfolio einnehmen. Dadurch wird das Gesamtportfolio risikoreicher. Aus rationaler Sicht ist das nicht gewünscht, denn es steht ja im Widerspruch zur ursprünglichen Asset-Allokations-Entscheidung des Anlegers. Der Anleger wählt eine bestimmte Asset-Allokation, weil er (bis zu einer möglichen Revidierung oder Anpassung dieser Entscheidung) eine bestimmte Rendite-Risiko-Kombination möchte. Diese Rendite-Risiko-Kombination hat sich nun jedoch aufgrund von Marktentwicklungen verändert. Rebalancing korrigiert diese Verschiebung.
Rebalancing dient in erste Linie dem Risikomanagement, also der Bewahrung des ursprünglich gewählten Risikolevels. Erfreulicherweise kann Rebalancing innerhalb von Asset-Klassen mit ähnlichem Renditepotenzial jedoch auch einen leicht renditesteigernden Effekt haben; man spricht dabei vom Rebalancing-Bonus.
Rebalancing entspricht dem Prinzip des antizyklischen Investierens: Buy low, sell high. Weil es strikt regelbasiert und nicht spekulativ ist, widerspricht es nicht dem Buy-and-hold-Prinzip (siehe Abschnitt 2.8 weiter oben).
Im Weltportfolio sollte regelmäßig Rebalancing vorgenommen werden, und zwar immer genau dann, wenn die aktuelle Allokation hinreichend weit von der Zielallokation entfernt ist.
Darüber hinaus sollten alle Transaktionen (Einzahlungen in das Depot und Entnahmen aus ihm heraus) stets unter Rebalancing-Gesichtspunkten vorgenommen werden. Bei einer Nachinvestition sollte daher die Gewichtung der einzelnen Produkte (ETFs) in ein bestehendes Depot nicht dem Verhältnis der Ziel-Asset-Allokation entsprechen, sondern so angepasst werden, dass das Depot nach der Transaktion insgesamt wieder näher hin zu seiner Ziel-Asset-Allokation gelangt.
Um das anhand eines einfachen Beispiels zu illustrieren: Angenommen, in einem Depot mit einem Wert von 10.000€ befinden sich zwei ETFs (Asset-Klassen) im Verhältnis 67%/33%, die festgelegte Asset-Allokation beträgt aber 50%/50%. Wenn jetzt z. B. 5.000€ nachinvestiert werden, fließen eben nicht jeweils 2.500€ in beide ETFs, sondern 800€ in den ersten ETF und 4.200€ in den zweiten ETF. Im Ergebnis ist damit die 50/50-Ziel-Asset-Allokation wiederhergestellt.
Man nennt diese Art von Rebalancing auch „Cashflow-basiertes Rebalancing“.
[4] Mit Free Lunch ist ein Vorteil gemeint, der nicht gleichzeitig mit einem Nachteil einhergeht, ein Vorteil also, der kein Kompromiss aus Upside und Downside ist.
[5] Asset-Allokation ist die Aufteilung eines Investmentportfolios in Asset-Klassen.
[6] Im Branchenjargon wird Mehrrendite auch „Outperformance“ oder „Alpha“ genannt.
[7] Gerundete Werte; die tatsächliche geographische Gewichtung kann davon abweichen.
[8] Drei Beispiele dafür sind kapitalbildende Lebensversicherungen, Geschlossene Fonds (Immobilien, Container, Schiffe, Flugzeuge, erneuerbare Energien, Filme usw.) und Zertifikate.
Im Rahmen des Weltportfolio-Konzepts (prognosefreies Investieren mit maximaler Diversifikation auf Buy-and-hold-Basis) gibt es grundsätzlich zwei Investmentphilosophien. Beide folgen den Grundprinzipien, die in Abschnitt 1 und 2 dargestellt wurden:
[9] In der Fachliteratur wird die Bezeichnung „marktneutral“ anders verwendet als in diesem Whitepaper.
„Faktorprämie“ ist der Fachterminus für ein statistisch identifizierbares Merkmal einer Asset-Klasse, das die Rendite und das Risiko von Wertpapieren in dieser Asset-Klasse systematisch bestimmt. Faktorprämien sind die aus wissenschaftlicher Sicht zentralen Treiber von Risiko und Rendite von Wertpapieren in einer Asset-Klasse. Andere Treiber haben (nach den Kosten ihrer Ausnutzung und unter Berücksichtigung von Risiko) entweder keinen vorteilhaften oder keinen systematischen Einfluss auf Risiko sowie Rendite und sind daher nicht gezielt und verlässlich nutzbar.
Im Weltportfolio-Konzept nutzen wir im Aktienbereich die aus unserer Sicht von der Wissenschaft am überzeugendsten belegten Faktorprämien, also diejenigen Prämien, für die der wissenschaftliche Konsens am stärksten ist.
Diese Nutzung geschieht durch Übergewichtung der entsprechenden Marktsegmente in einem Portfolio. „Übergewichten“ heißt, diesem Asset-Klassen-Segment ein höheres Gewicht im Portfolio zu geben als es im Markt gemessen an der Marktkapitalisierung aufweist. Bei Aktien lauten diese Faktorprämien:[10]
Diese Faktorprämien wurden von der Wissenschaft in den vergangenen fünf Jahrzehnten identifiziert und dokumentiert. Faktorprämien sind keine Ausnahme vom „No-Free-Lunch-Prinzip“ (siehe Abschnitt 2.1). Sie sind eine Kompensation (a) für zusätzliches Risiko (z. B. erhöhte Volatilität oder andere Arten erhöhten Risikos), (b) für systematische Anlegerirrationalitäten und (c) für bestimmte „Marktfriktionen“ („Arbitragebarrieren“).[11] Faktorprämien sind ihrerseits volatil, d. h. sie zeigen sich nicht permanent (nicht jeden Monat oder jedes Jahr), sondern können sich auch über lange Zeiträume von einem Bonus in einen Malus verwandeln. Wären Faktorprämien kontinuierlich (also garantiert), wären sie längst „wegarbitriert“, d. h. über starke Nachfrage so „teuer“ gemacht worden, dass sie danach keine Renditevorteile mehr bringen.
Faktorprämien existieren auch in der Asset-Klasse zinstragende Anlagen, einschließlich Anleihen. Aus Platzgründen gehen wir auf sie in diesem Dokument jedoch nicht ein.
Factor Investing führt zwangsläufig dazu, dass sich das betreffende Portfolio im Zeitablauf nicht parallel zu einem marktneutralen Portfolio ohne Faktorprämien entwickelt. Mit anderen Worten: Es kann zwischen diesen beiden Varianten von passivem Investieren von Jahr zu Jahr zu deutlichen Abweichungen bei Rendite und Risiko kommen.
Man kann trefflich darüber streiten, ob Factor Investing noch „passives“ Investieren ist – einerseits ja, einerseits nein. Davon abgesehen, halten wir die Bezeichnung „passives Investieren“ insofern für falsch und unglücklich, weil wirklich „passives“ Investieren sowieso unmöglich ist (siehe auch Abschnitt 1.4). Factor Investing ist auf alle Fälle „aktiver“ als klassisches marktneutrales passives Investieren.
Weitere Informationen zu Factor Investing finden Sie in Dr. Gerd Kommer, Souverän Investieren mit Indexfonds und ETFs, 6. Aufl., 2024, Abschnitt 6 und in den Blog-Beiträgen, die wir in Fußnote 10 und im Literaturverzeichnis verlinkt haben.
[10] Sofern Sie sich genauer über Factor Investing informieren wollen, könnten Sie unsere drei aufeinander aufbauenden Blog-Beiträge dazu lesen: Factor Investing – die Basics, Integriertes Multifactor Investing und The Pains of Factor Investing.
[11] Die Punkte (b) und (c) an dieser Stelle näher zu erläutern, würde den Rahmen dieses Whitepapers sprengen.
Direkte Rohstoffinvestments sind mit Ausnahme von Edelmetallen für normale private und institutionelle Anleger nicht möglich. Praktisch umsetzbar sind Rohstoffinvestments lediglich in Gestalt so genannter Rohstoff-Termingeschäfte, englisch Commodity Futures.
Bei direkten Investments in physische Rohstoffe würden die Kosten für Transport, Lagerung und Versicherung jede denkbare positive Bruttorendite absorbieren („auffressen“) und in den Negativbereich drehen.
Die historischen Renditen von Rohstoffen (Spot-Markt) und Commodity Futures sind niedriger als viele Privatanleger glauben. Das Risiko von Rohstoff-Termingeschäften, z. B. gemessen an ihrer Volatilität, ist höher als das des Weltaktienmarktes.
Commodity Futures, die auch in Gestalt von ETFs existieren (Rohstoff-ETFs), haben im Zuge einer ab etwa dem Jahr 2002 stark gestiegenen Popularität dieser Anlageform ihre bis ungefähr 2007 vorhandene interessante Renditeerwartung eingebüßt. Daher halten wir Rohstoffe mit Ausnahme von Gold nicht für eine ausreichend attraktive Komponente eines Weltportfolios.
In unseren Blog-Beitrag „Rohstoff-Investments – sind sie sinnvoll?“ erläutern wir warum das so ist und gehen insgesamt detaillierter als in diesem Whitepaper auf Rohstoffe aus Investmentsicht ein.
Gold ist standardmäßig nicht Teil des Weltportfoliokonzeptes.
In den rund 50 Jahren seit sich der Goldpreis ab 1975 vollständig frei am Weltmarkt bilden kann und im Wesentlichen nicht mehr von Zentralbankeingriffen und Eigentumsbeschränkungen („Goldverboten“) gesteuert wird, wie das zuvor der Fall war, hat Gold eine schlechtere Rendite-Risiko-Kombination produziert als Aktien. Auch ist seine Renditeentwicklung noch unstetiger (unverlässlicher) als die von Aktien, der rentabelsten aller etablierten Anlageklassen.
Dennoch existieren einige Argumente, die potenziell für eine Beimischung von Gold in Höhe von 5% bis 10% eines Weltportfolios sprechen.
Gold-ETFs werden gleich vorteilhaft besteuert wie eine Direktanlage in Gold. Solche ETFs sind mit physischem Gold besichert und genauso „real“ wie eine direkt Goldanlage. Aus Sicherheitsgründen sprechen sogar gute Argumente einen Gold-ETF einem physischen Investment in Gold vorzuziehen (siehe hier).
Wesentlich umfangreicher als in diesem Whitepaper beschäftigen wir uns mit Gold aus Investmentsicht in unseren Blog-Beiträgen „Gold als Investment – braucht man das?“ (hier) und „Der Goldstandard: Ein Motor für mehr Wirtschaftswachstum?“ (hier).
Kryptowährungen sind standardmäßig nicht Teil des Weltportfoliokonzeptes.
Unter bestimmten Umständen können jedoch Bitcoin und/oder Etherum als Beimischung im risikobehafteten Teil fungieren. Die Gerd Kommer Invest kann ein solches Investment im Rahmen eines Weltportfolios für Mandanten, die das ausdrücklich wünschen, umsetzen.
Über Bitcoin und Kryptowährungen im Allgemeinen wurden in den letzten Jahren ganze Bibliotheken geschrieben. Die Meinungen von sachverständigen Personen zu Bitcoin und Co. reichen von „Schneeballsystem“ über „Investmentchance des Jahrhunderts“ bis hin zu „Bitcoin als gesellschaftliche Revolution“.
Auffällig in der öffentlichen Bitcoin/Krypto-Diskussion ist, dass viele Bitcoin-Enthusiasten in den Medien und im Internet sachlich und fachlich nicht sauber trennen zwischen dem Thema (A) „Kryptowährungen als Revolution in der Geldpolitik (und vielleicht auch Gesellschaftspolitik)“ auf der einen Seite und dem ganz anderen Thema (B) „Bitcoin (bzw. Krypotwährungen) als Vermögensanlage und Altersvorsorge für Privathaushalte“ auf der anderen Seite. Das von vielen Bitcoin-Enthusiasten aus ideologischen Gründen praktizierte „Verquirlen“ dieser beiden Ebenen macht viele ihre Schlussfolgerungen zu Kryptowährungen fragwürdig oder ganz falsch. In diesem Whitepaper geht es allein und ausschließlich um Thema (B).
Da Kryptowährungen noch neu sind, existieren keine langfristigen Renditedatenreihen, aus denen für die Zukunft hinreichend verlässliche Schlussfolgerungen in Bezug auf den Rendite-Risiko-Charakter dieser Anlageform abgeleitet werden können. Als hinreichend lang wären rund 25 Jahre aufwärts anzusehen. Die vorhandenen Zeitreihen betragen jedoch lediglich rund 15 Jahre für Bitcoin und noch weniger für alle anderen Kryptowährungen. Die hohen historischen Kryptorenditen bis November 2021relativieren dieses Argument nicht. (Zu den oft irreführend dargestellten historischen Renditen von Bitcoin siehe dieses YouTube-Video mit Dr. Gerd Kommer hier.) Da Kryptowährungen keinen Cashflow erzeugen und bisher keinen nennenswerten kommerziellen Nutzen haben (z. B. als Zahlungsmittel), ist eine Schätzung ihres „fundamentalen Preises“ („fairen Wertes“) wie z. B. bei Aktien, Anleihen oder Immobilien mit den Standardmethoden der Finanzökonomie unmöglich.
Die Forschungslage zu Kryptowährungen ist bisher noch unübersichtlich und sehr vorläufig. Ein wirklicher Konsens unter Wissenschaftlern existiert nicht.
Das bis vor einiger Zeit hohe politische Risiko in Form von schädlicher Einflussnahme von Staaten auf die Zulässigkeit der Nutzung von Kryptowährungen ist relativ zu etablierten Anlageklassen immer noch hoch, aber aus unserer Sicht seit der Zulassung von Krypto-ETFs in den USA Anfang 2024 deutlich gesunken. Diese „aufsichtsrechtliche Absegnung“ von Bitcoin durch die Finanzaufsicht in der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt war ein wichtiger Meilenstein insofern als Bitcoin damit quasi „in der Mainstream Investmentwelt“ ankam. In Europa gab es an Privatanleger vertriebene Krypto ETFs schon seit 2018. (Zwar existieren formale technische und rechtliche Unterschiede aber in der für den Anleger wirklich relevanten ökonomischen Perspektive unterscheiden sich amerikanische und europäische Krypto-ETFs wenig.)
Für ein Krypto-Investment kommen u. E. nur die zwei nach ihrer Marktkapitalisierung (und damit nach ihrem Markterfolg) größten Kryptowährunen in Betracht, Bitcoin oder Ethereum. Bei anderen Währungen sind die Unwägbarkeiten noch höher. (Kumulativ haben in den zurückliegenden 15 Jahren über 20.000 Kryptowährungen existiert. Die meisten sind inzwischen nicht mehr „aktiv“, also entweder ganz verschwunden oder formal noch existent, aber ohne echte Handelbarkeit und Transaktionsvolumen.)
Wer in Bitcoin oder Ethereum investieren möchte, sollte Kryptos dem risikobehafteten Portfolioanteil im Weltportfolio-Konzept zuordnen. Das Kryptoinvestment sollte nicht mehr als ein Zehntel des risikobehafteten Teiles des Weltportfolios ausmachen.
Aus Platzgründen gehen wir an dieser Stelle nicht auf die vielen anderen wichtigen Sachverhalte, Fragen und Risiken ein, die zu Bitcoin und Ethereum diskutiert werden.
Ein technisch einfacher und operativ sicherer Weg ein Bitcoin- oder Ethereum-Investment umzusetzen, besteht darin, einen Bitcoin-ETF (genauer ETN oder ETC), zu kaufen. Dieser Weg ist operativ weniger risikoreich und weniger komplex als Coins direkt zu kaufen. Operativ weniger risikoreich ist dieser Weg insofern, als hier kein Verlustrisiko für die „Private Keys“ besteht. Auch Hacking-Risiken und Risiken aus der Pleite einer Kryptobörse wie FTX sind auf diesem Wege weit niedriger. Der Krypto-ETN liegt bequem und übersichtlich im Wertpapierdepot.
Bei der Besteuerung existiert nach der derzeitigen Informations- und Rechtslage in Deutschland kein Unterschied zwischen direkt erworbenen Bitcoins und indirekt über einen ETN erworbenen Coins, sofern ein Auslieferungsanspruch durch den Produktanbieter gegeben ist.
Die Immobilienbranche ist ein normaler Teil des Weltaktienmarktes, genauso wie z. B. Chemie, Informationstechnologie, Gesundheit, Maschinenbau, Transport, Finanzen, Medien oder Versorger. Man denke beispielsweise an das größte deutsche Immobilienunternehmen, die börsennotierte Vonovia SE mit Sitz in Bochum. Dem Unternehmen gehören rund 550.000 vermietete Wohnungen im ganzen Bundesgebiet.
Weltweit macht die Immobilienbranche ungefähr fünf Prozent des gesamten Aktienmarktes aus. Da Immobilienaktien die begrüßenswerte Eigenschaft besitzen, dass Sie eine niedrige Korrelation zum restlichen Aktienmarkt aufweisen, spricht nichts dagegen, sie im risikobehafteten Teil eines Weltportfolios leicht (z. B. um 5%) überzugewichten.
In einem Crash sollte ganz einfach nichts getan werden, d. h. man sollte weder Verkäufe tätigen noch sein Portfolio umschichten oder vorher geplante Wertpapierkäufe verzögern. Investoren, die wegen eines starken Kursrückgangs ihre Asset-Allokation dahingehend verändern, dass sie Aktien oder andere risikoträchtige Wertpapiere verkaufen, zeigen damit, dass sie zuvor ihre Risikotragfähigkeit als zu hoch eingeschätzt haben. Insofern man seine Risikotragfähigkeit richtig eingeschätzt hat, ergibt sich aus einem Crash kein Grund, Verkäufe oder sonstige Umschichtungen vorzunehmen.
Die Anzahl der wissenschaftlichen Studien, die zeigen, dass „Crash Timing“ – der Versuch, Beginn und Ende starker Marktabschwünge zu prognostizieren und auf der Basis dieser Prognosen Market Timing zu betreiben – statistisch renditeschädlich ist, ist Legion. Wir selbst haben in unserem Blog-Beitrag „Timing des Markteinstiegs – funktioniert es?“ ebenfalls eine derartige Untersuchung angestellt.
In den vergangenen rund 120 Jahren gab es unzählige globale oder nationale Börsen- und Finanzmarktkrisen in allen Asset-Klassen (Aktien, Anleihen, Bankguthaben, Immobilien, Rohstoffe, Edelmetalle und Kunst), von denen mehrere schwerer oder genauso schwer waren wie die Finanzkrise ab 2008 oder die Corona-Krise Anfang 2020. Nach jeder dieser Krisen erholten sich die Märkte wieder – letzten Endes deshalb, weil die Weltwirtschaft weiterwuchs.
Die folgende Grafik zeigt diese Krisen für den globalen Aktienmarkt in den zurückliegenden 124 Jahre von 1900 bis 2023. Nach jeder dieser Aktienmarktkrisen erholte sich die Märkte wieder und übertrafen in überschaubarer Zeit den Vorkrisen-Kurshöchststand. Voraussetzung dafür war ein global über tausende Aktien diversifiziertes Portfolio.
Quelle: Berechnungen von Gerd Kommer mit Daten von Morningstar
In Ergänzung zeigt die nachfolgende Grafik für den kürzeren Zeitraum der letzten 34 Jahre (1990 bis 2023) diesen langfristigen Aufwärtstrend mit zwischenzeitlich ausgeprägtem Auf-und-Ab für drei Asset-Allokationen, die unterschiedliche Rendite-Risiko-Kombinationen repräsentieren – von sehr renditeorientiert (100/0-Level-1-Asset-Allokation) über eine mittlere Rendite-Risiko-Kombination (50/50-Allokation) bis zu einer sehr konservativen, risikoarmen (0/100-Allokation). Nach zwei starken Aktienmarkteinbrüchen von kumulativ jeweils mehr als 40% (2002 und 2009) erholte sich der Aktienmarkt jeweils wieder und gelangte später zu neuen „Allzeithochs“. Diese Gesetzmäßigkeit lässt sich im globalen Aktienmarkt seit mindestens 120 Jahren beobachten (siehe vorhergehende Grafik) und vermutlich noch länger, auch wenn dafür keine hochqualitativen Daten vorliegen.
Quelle: Berechnungen von Gerd Kommer mit Daten von MSCI und DFA (logarithmische Skala)
Wir halten globale Diversifikation innerhalb von Asset-Klassen und Diversifikation über Asset-Klassen hinweg sowie eine wohlüberlegte, ausreichend konservative Asset-Allokation für das sinnvollste Mittel, die unangenehmen Begleiterscheinungen einer Aktienmarktkrise (kurz- oder mittelfristige „Drawdowns“) abzumildern.
Zu bedenken ist außerdem, dass Finanzmarktkrisen oder Börsenabstürze – wie auch immer diese definiert werden[12] – im Vorhinein oder in „Echtzeit“ nicht zuverlässig zu erkennen sind, auch wenn uns die Medien, einige „ewige“ Untergangspropheten und unser gesunder Menschenverstand das Gegenteil weismachen wollen.
Wie weiter oben bereits erwähnt, steigt die statistisch erwartete, in die Zukunft gerichtete Rendite einer Asset-Klasse (im Unterschied zu Einzelwertpapieren), nachdem sie durch negative Renditen abgewertet hat („billiger“ wurde). Das ist ein mächtiger Grund für Buy-and-Hold. Wenn man sich überhaupt an Kursbewegungen der letzten zwölf oder 24 Monate orientieren will (was wir generell für keine gute Idee halten), dann sind negative Renditen bei einer Asset-Klasse in der jüngeren Vergangenheit eher ein Grund, nicht zu verkaufen bzw. sofort zu investieren. Hier gilt eine Analogie: Wenn ein Konsum- oder Investitionsgut deutlich billiger geworden ist, ist das ja ebenfalls ein Grund, mehr davon nachzufragen als weniger.
Weitere Argumente dafür, im Crash nicht zu verkaufen, finden sich in ausführlicherer Form in allen Investmentbüchern von Dr. Gerd Kommer.
[12] Eine allgemeingültige, auch nur einigermaßen präzise Definition existiert weder für „Crash“ noch für „Börsenkrise“ oder die Synonyme dieser Bezeichnungen.
Aus der Sicht der Wissenschaft ist es unwahrscheinlich, mit sogenanntem „Market-Crash-Timing“ eine disziplinierte, wissenschaftlich orientierte Buy-and-hold-Strategie auf lange Sicht zu schlagen.
Market Timing führt regelmäßig dazu, dass Anleger kumulativ zu lange an der „Seitenlinie“ stehenbleiben, statt auf dem „Spielfeld“ zu sein. Das verursacht langfristig Opportunitätskosten (entgangene Erträge). Auch führt Market Timing zwangsläufig zu erhöhten Kosten und vermeidbaren Steuernachteilen. Ferner begünstigt es prozyklische (und damit schädliche) Timing-Entscheidungen: In den Markt einsteigen, nachdem der Großteil eines Aufschwungs schon erfolgt ist und man dann auf teurem Niveau einkaufen muss oder aus einem Markt aussteigen, nachdem der Großteil des Abschwungs bereits erfolgt ist. So praktiziert man unfreiwillig „buy high, sell low“. Das Ergebnis sind enttäuschende Langfristrenditen.
Ein englisches Investment-Bonmot sagt es schön anschaulich: „Time in the market is more important than timing the market.“
Auf die wichtige Frage des „richtigen“ Einstiegszeitpunktes gehen wir in unserem Blog-Beitrag „Einstieg in den Aktienmarkt: Einmalanlage oder Phaseninvestment?“ detaillierter ein.
Rationale Investmententscheidungen sollten in Bezug auf die Einbeziehung und Gewichtung von Asset-Klassen in ein Anlegerportfolio primär auf die relativen Verhältnisse bei Rendite, Risiko und Liquidität abstellen und erst in zweiter Linie auf die absoluten Höhen dieser drei Schlüsselmerkmale. Dabei sollten alle Asset-Klassen gleichzeitig und parallel miteinander verglichen werden, so wie jede rationale Entscheidung sämtliche relevanten Alternativen gegeneinander abwägt und nicht nur – sinnlos – einzelne Alternativen in Isolation betrachtet.
Heute, Mitte 2024, ist die Asset-Klasse Wohnimmobilien in den meisten Großstädten in Deutschland, Österreich und der Schweiz noch immer überdurchschnittlich hoch bewertet, also „teuer“ und damit sind in die Zukunft gerichtete Ertragserwartungen für diese Asset-Klasse unterdurchschnittlich. Erschwerend kommen die in den letzten 18 Monaten beträchtlich gestiegenen Immobilienfinanzierungszinsen hinzu.
Zinstragende Anlagen höchster Qualität und Sicherheit (kurzlaufende Staatsanleihen und Unternehmensanleihen höchster Bonität und ohne Wechselkursrisiko) haben nach dem beträchtlichen Anstieg der Nominalzinsen im Jahr 2022 nun wieder relativ attraktive Renditen (Umlaufrenditen). Das Bewertungsniveau solcher Anleihen war vor 2022 (nach einem seit etwa 1990 trendmäßig 40 Jahre lang fallenden Zinsniveau) sehr hoch und ist nun wieder etwas günstiger und attraktiver.[13] Auch wenn die Zinsen seit Anfang 2022 besonders schnell und merklich gestiegen sind, sind sie historisch gesehen immer noch niedrig. Bei Anleihen sollte man Langläufer vermeiden, da durch weitere Nominalzinsanstiege nochmalige Kursverluste (wie schon in 2022) erfolgen könnten. (Im Weltportfolio-Konzept besteht die Anleihen-Komponente grundsätzlich immer aus Kurzläufern.)
Bankguthaben sind – wie in den letzten Jahren allmählich mehr Privathaushalte erkennen – kein sinnvolles Langfristinvestment. Auf lange Sicht liegt ihre Rendite nach Abzug von Inflation und Steuern nahe bei null. Bankeinlagen sind zwar „99,9% der Zeit“ schwankungsfrei, repräsentieren jedoch für Beträge oberhalb der staatlichen Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Kunde-Bank-Kombination (in der EU) für Anlageperioden von mehr als ein paar Monaten ein inakzeptables Ausfallrisiko.
In unserem Blog-Beitrag „Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben“ gehen wir detaillierter auf das Ausfallrisiko von Bankguthaben ein.
Zum Bewertungsniveau von Gold, Rohstoffen und Kryptowährungen ist eine zuverlässige Aussage strukturell unmöglich.
Unter den drei wichtigsten Asset-Klassen für Privatanleger – Aktien, High-Quality-Anleihen und Immobilien in den DACH-Ländern – sind lediglich Aktien heute, Mitte 2024, nicht „teuer“.
Um eine Einordnung darüber vornehmen zu können, wie „günstig“ oder „teuer“ eine gegebene Asset-Klasse aktuell ist, müssen die Kurse ins Verhältnis zu einer weiteren aussagekräftigen Kennzahl gesetzt werden. Ein Kursniveau allein (z. B. der Punktestand des DAX oder ein sogenanntes „Allzeithoch“) ermöglicht genauso wenig Schlussfolgerungen über das Bewertungsniveau eines Marktes wie die Körpergröße eines Menschen Schlussfolgerungen über seinen Körperbau zulässt.
Die gängigste Bewertungskennzahl im Aktienmarkt ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis („KGV“), das den Kurs einer Aktie (bzw. eines Index) ins Verhältnis zum Gewinn pro Aktie (bzw. der durchschnittlichen Gewinne der Aktien in einem Index) setzt. Der aktuelle Wert des KGV in Kombination mit seinem historischen Wert erlauben dann, Aussagen über das Bewertungsniveau einer Aktie, eines Index oder einer ganzen Asset-Klasse zu treffen.
In der folgenden Tabelle stellen wir die KGV-Werte der Regionen Industrieländer (in Form des „MSCI World“) und der Schwellenländer („Emerging Markets“ bzw. „EM“) per Ende September 2024 ihren historischen Durchschnittswerten gegenüber:
Index | Forward-KGV am 30.09.2024 | KGV: historischer Mittelwert | Relative Bewertung |
MSCI World Standard | 18,9 | 17,6 | +7,4% |
MSCI EM Standard | 12,4 | 13,2 | –6,1% |
Quelle: MSCI, Morningstar
Wie der Tabelle zu entnehmen ist, notierte der Weltaktienmarkt im September 2024 insgesamt etwa an seinem historisch mittleren Niveau. Aus Bewertungssicht war ein Einstieg zu diesem Zeitpunkt daher unbedenklich.
[13] Wenn die Zinsen niedrig sind, spricht man ökonomisch von einem „teuren“ bzw. hoch bewerteten Anleihenmarkt. Das Bewertungsniveau von Anleihen ist umgekehrt proportional zur Höhe des Zinsniveaus.
Menschen sind emotionale Wesen, und das ist auch gut so. Auch auf dem Gebiet des Investierens und der Vermögensbildung werden nur wenige unter uns von sich behaupten können oder wollen, dass sie 100% rational agieren und keiner der vielen wissenschaftlich dokumentierten kognitiven Verzerrungen (Denkfehler und Selbsttäuschungen) unterliegen.[14] Andererseits lässt die Wirtschaftswissenschaft keine Zweifel: Emotionen sollten zum Schutz unserer höchsteigenen Finanzgesundheit so weit wie möglich aus dem Prozess des Investierens herausgehalten werden.
Wir versuchen diese Herausforderung folgendermaßen zu adressieren:
[14] Damit sind die zahlreichen „cognitive biases“ gemeint, die die wissenschaftliche Disziplin der „Behavioral Economics“ in den vergangenen 30 Jahren dokumentiert und analysiert hat. Zwei Forscher – Daniel Kahnemann und Richard Thaler – erhielten für ihre Beiträge hierzu 2002 bzw. 2017 den Wirtschaftsnobelpreis.
Alle Aussagen in diesem Whitepaper werden umfassender und detaillierter in den folgenden Investmentbüchern von Dr. Gerd Kommer hergeleitet und beschrieben:
Kommer, Gerd; Großmann, Felix (2021): „Wie die Untergangspropheten investieren“; Blog-Beitrag; Juli 2021; Link: https://gerd-kommer.de/wie-untergangspropheten-investieren/
Kommer, Gerd; Großmann, Felix (2024): „Via Negativa – ein unbekanntes Konzept für mehr Erfolg beim Investieren“; Blog-Beitrag; Januar 2024; Link: https://gerd-kommer.de/via-negativa/
Kommer, Gerd; Kanzler, Daniel (2021): „Rohstoff-Investments – sind sie sinnvoll?“; Blog-Beitrag; November 2021; Link: https://gerd-kommer.de/sind-rohstoff-investments-sinnvoll/
Kommer, Gerd; Schweizer Jonas (2019): „Das Konzept der Cash-Flow-Kaskade“; Blog-Beitrag; Januar 2019; Link: https://gerd-kommer.de/cash-flow-kaskade/
Kommer, Gerd; Schweizer Jonas (2019): „Das unterschätzte Risiko von Bankguthaben“; Blog-Beitrag; August 2019; Link: https://gerd-kommer.de/risiko-von-bankguthaben/
Kommer, Gerd; Schweizer Jonas (2021): „Steuern sparen durch Buy-and-Hold“; Blog-Beitrag; Oktober 2021; Link: https://gerd-kommer.de/steuern-sparen-buy-and-hold/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2019): „Factor Investing – die Basics“; Blog-Beitrag; Mai 2019; Link: https://gerd-kommer.de/factor-investing-die-basics/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2019): „Integriertes Multifactor Investing“; Blog-Beitrag; Juni 2019; Link: https://gerd-kommer.de/integriertes-multifactor-investing/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2019): „Gold als Investment – braucht man das?“; Blog-Beitrag; November 2019; Link: https://gerd-kommer.de/gold-als-investment/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2020): „The Pains of Factor Investing“; Blog-Beitrag; Mai 2020; Link: https://www.gerd-kommer-invest.de/pains-of-factor-investing/
Kommer, Gerd; Weis, Alexander (2020): „Einstieg in den Aktienmarkt: Einmalanlage oder Phaseninvestment?“; Blog-Beitrag; Juli 2020; Link: https://gerd-kommer.de/einmalanlage-vs-phaseninvestment/